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Meteorologische Reanalyse des Hammertages(?) vom 12.05.2005 am Hochfelln

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    Meteorologische Reanalyse des Hammertages(?) vom 12.05.2005 am Hochfelln

    Hallo liebes Forum,

    fussend auf dem Artikel "Hammerwetter o. Inversion am Do. 12.5.05 zw. Brauneck u. Hochfelln" vom 17.05.2004 habe ich ja schon eine ausführliche Analyse zu diesem komischen Flugtag angekündigt.

    Ich denke, es ist im Sinne des Forums, wenn diese Analyse einen eigenen Thread bekommt, damit das Thema bei einer späteren Suche schnell wiedergefunden werden kann. Ansonsten werden es die Admins ja eh verschieben. :-)

    Zudem steht der Artikel nun auch ab sofort auf meiner Webseite zum Abruf bereit.

    Reanalyse zum Hammertag(?) vom 12.05.2005 am Beispiel des Flugberges Hochfelln im Chiemgau

    Am Mittwoch, den 11.05.2005 wurde von mir für den folgenden Tag ein gutes Streckenflugpotential analysiert, worauf hin für den Donnerstag der Hammertagalarm für die GFS-Abonnenten ausgegeben wurde. Dieser Tag stelle in einer langen Serie von fast unfliegbaren Schlechtwettertagen ein nur kurzes Flugfenster dar, so dass die Pilotinnen und Piloten diese Möglichkeit nutzen sollten. Auf das Pfingswochenende deutete sich nämlich neuerlich kühles und unbeständiges Regenwetter an mit kaum nennenswerten Flugmöglichkeiten.

    Einleitend möchte ich die Analyse mit der Betrachtung der Großwetterlage beginnen. Hier zunächst der Blick auf meine archivierten Wetterkarten zu diesem Termin mit der Erklärung der jeweiligen Wettersituation.

    Hinweis: Bildklick öffnet Originalgröße

    Das Satelittenbild


    Quelle: www.wetterzentrale.de

    Deulich ist zu erkennen, dass der Nordalpenraum am Donnerstag weitgehend frei von Störungen war. Das zu dem Höhentief über Osteuropa gehörende Frontensysten, das noch am Mittwoch in den Alpen für letzte Tropfen respektive Flocken gesorgt hat, ist bereits bis nach Südeuropa vorangekommen. Dahinter dehnte sich an der Westflanke des Höhentiefs über Polen von Nordwesten ein Hochdruckkeil nach Mitteleuropa aus, so dass die eingeflossene Kaltluft unter stabilisierenden Hochdruckeinfluss geraten ist.

    Die Bodendruckkarte mit Fronten


    Quelle: www.wetterzentrale.de
    Deutlich erkennen wir den zum Tief über Polen gehörenden Frontenzug, der von Osteuropa über den Balkan bis nach Mittelitalien reicht, während über Frankreich schon die Warmfront des Drucksystems über Spanien lag. Beide Fronten können auch gut im Satelittenbild erkannt werden. Dies Konstellation führte übrigens zu einer geteilen Höhenwindsituation zwischen Rückseite Tief im Osten und Vorderseite Warmfront im Westen, und dazu schauen wir uns nun die Höhenwetterkarte an.


    Die 500hPa Höhenwetterkarte




    Quelle: www.wetterzentrale.de

    Auf der Höhenwetterkarte erkennen wir sehr schön, wie sich von Großbritanien das Hochdruckgebiet am Boden zu den Alpen ausgedehnt hat, direkt zwischen dem Höhentief westlich von Irland und seinem Pendaten über Polen. Über Spanien lag das Bodentief mit seiner Warmfront bereit, die wir bereits auf der Frontenkarte gesehen haben. Seine ersten Ausläufer mit hohen Wolkenfeldern waren schliesslich auch schon beim Fliegen vom Hochfelln direkt über dem Horizont zu erkennen. Es ist so, dass paralell zu den Farbflächen der Höhenwind weht und das auch auf Luftschichten bis etwa 300m herab gut übertragen werden kann. Das gilt jedoch nur für die Windrichtung. Je dichter die Farbflachen (Isohypsen) gedrängt sind, desto kräftiger ist der Wind. Im Bereich der Alpen erkennen wir eine deutliche Delle über dem südlichen Mitteleuropa. Wir können daraus ableiten, dass der Höhenwind in den Westalpen eher aus Südwest bis West, in den Ostalpen eher aus West bis Nordwest geweht hat, ja waren die Pilotenrückmeldungen dazu schon sehr schlüssig.

    Die 850hPa-Temperaturkarte


    Quelle: www.wetterzentrale.de

    Während nun am Boden kräftige Kaltluftzufuhr aus Osten stattfand, erreichte im Tagesverlauf auf der Vorderseite eines umfangreichend Drucksystems über dem Ostatlanik schon etwas wärmere Luft aus Südwesten die Alpen. Der zu Beginn noch große Temperaturunterschied (Gradient) zwischen 1500m und 2000m wurde schon etwas abgebaut. Da es in der Höhe zunächst nur wenig wärmer wurde, die Bodenschicht aber weiter sehr kühl blieb, ist die Entwicklung der Inversion auf die starke bodennahe Kaltluftzufuhr zurückzuführen.

    850hPa Windkarte


    Quelle: www.wetterzentrale.de

    Der Alpenraum lag im südwestlichen Bereich des Hochs und damit wurden vor allem in tiefen Luftschichten, der Grundschicht, sehr kühle und thermisch aktive Luftmasssen nach Süddeutschland geführt. Die Temperaturgradient vom Boden bis etwa 1800m betrug glatt 1.0K/100m. Die Windgeschwindigkeit betrugen in 1500m Höhe im Mittel um 15km/h, während die Bodenwinde in 10m Höhe mit bis zu 40 km/h in Böen deutlich kräftiger geweht haben. Ursächlich für die starken Böen verantwortlich war die thermisch aktive Luftmasse in den tiefen Luftschichten, die unter Einwirkung der starken Mai-Einstrahlung der Sonne sehr stark erhitzt wurde. Die Luft war sehr trocken und rein.
    Wenn wir wissen dass die Inversion in etwa 2000m gelegen hat, können wir folgerichtig daraus ableiten: Der Höhenwind aus Westen ab etwa 2000m hatte hier am Alpenrand kaum keine Chance durch die Inversion sehr viel tiefer durchzukommen. Und weiter... Während in den Sommermonaten oft die Warmluftzufuhr zu einer tiefen Inversion mit geringen Arbeitshöhen führt, war diesmal die starke Zufuhr der bodennahen Kaltluft die Ursache für diese Inversion. Begünstigt wurde die Inversion nat. noch etwas durch absinkende Luftmassen im Einflussbereich des Hochs. Resultierend kann man sagen, dass die beginnende Advektion von Warmluft in der Höhe sehr stark durch Advektion der Kaltluft am Boden zur Inversionsbildung geführt hat.

    Bodendruck und Wind im Alpenraum


    Quelle: www.univie.ac.at

    Auf dieser Karte wird der Bodenluftdruck ruck in Form von Isobaren, Wind und Windrichtung in Form von Pfeilen eingezeichnet. Sehr deutlich erkennen wir die kräftigen Bodenwinde im Alpenvorland sowieo am Alpenrand. Deutlich beruhigt sind die Regionen in den Alpen. Hier fand der Kaltluftzustrom mit erheblich weniger Windeinfluss statt. Zudem war für die inneralpinen Regionen typische Inversion weniger markant ausgeprägt. Verbreitete Arbeitshöhen von 3500m und etwas mehr waren ein Garant für durchaus sehr ergiebige Streckenflüge. Man erkennt auch eine Art Pattsituation. Während in den Nordalpen der Bodenwind durch das entstehende alpenländische Hitzetief nach auf nördliche Richtungen abgelengt wurde, wehte der bodennahe Wind im Pinzgau schon eher aus Süden.

    Analyse des Flugtages am Hochfelln
    Bereits um 9:30 Uhr standen wir am Startplatz, die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel und es war recht frisch. Die vergangenen Niederschläge haben ordentlichen Neuschnee gebracht der bis 1300m herab bis zu 30cm hoch lag. Dazu waren die tiefer gelegenen Regionen sehr nass. Insgesamt lag schon beeindruckend mächtig viel Schnee vor Ort und auch die Blicke hinüber zu den Loferer Steinbergen, der Waidringer Steinlpatte waren doch ziemlich vielsagend.
    Rasch entwickelten sich über den Kämmen ganz im Osten kleine Cumulusfetzen. Auch im Flachland nach Osten zu setzte sehr rasch Cumulusentwicklung ein. Dies unter einer markanten Inversion die eindrücklich durch eine "schmutzige-graue Schicht" markiert wurde. Am Hochfelln stand schon seit Anfang an der Wind aus Südosten an mit einzelnen schwachen Ablösungen. Gegen 10:00 Uhr entwickelten sich nun auch über den Bergen erste Cumulus mit einer Basis zunächst um 1800m, die aber rasch bis gegen 2200m anstieg. Der Wind wehte stehts weiter aus Osten, lies aber immer mehr nach und war geprägt durch zunehmende Ablösephasen. Die ersten Piloten starten gegen 10:30 Uhr und es ging nur sehr träge dahin. Der Hausbart stand nicht sauber an und so tümpelten mehrere Piloten auf gleichem Niveau. Die Steigwerte waren äussert verhalten mir 1 bis 2m/sek. Etwas später zogen die ersten stärkären Bärte aus dem von Südost nach Nordwest gerichteten Tal mit Versatz nach Westen durch und mehre gute Piloten nutzen die Phase um einmal maximale Höhe mit 2200 bis 2400m zu machen und sofort nach Süden zu verschwinden um den Bereich der tiefen Inversion zu verlassen.

    Man muss sagen, es waren schon sehr viele Piloten für einen Wochentag am Hochfelln. Sicher 30-35 Piloten standen an um sich in die Luft zu schwingen.

    Gegen 11 Uhr flaute der Wind am Startplatz immer mehr ab, die Ablösungen kamen nur noch etwa alle 10 Minuten mit geringen Geschindigkeiten den Berg heraufgeschlichen. Richtung Westen stecken die Kampenwand bereits in Cumuluswolken, die sich langsam unter Anhebung der Basis deutlicher formierten. Am Startplatz herrscht etwas Skepsis, denn nach wie vor ziehen die Bärte nicht sauber und hochreichend durch. Vielmehr ist es ein ordenticher Kampf mit wenigen guten Ablösungen. Dann stand auch irgendwann am Hochfelln der Cumulus über der Kapelle. Weiter nach Süden waren deutliche Dunstglocken zu erkennen, die sich nur schwer zu Cumulus weiterentwickelt haben. Ein deutliches Zeichen für eine kräftigere Sperrschicht die nur im Bereich der Aufwindzonen etwas nach oben hinausgeschoben wurde.
    Gegen 12 Uhr wage ich den Start in einer Phase mit einer sehr schwachen Ablösung. Er gelingt sauber und kontrolliert. Ich fliege direkt nach Süden in Richtung Hausbart. Etwa 50m nach dem Felsabbruch kassiere ich beim Versuch des Eindrehens einen kurzen 70%-Klapper, der mich nur ganz kurz beschäftigt hat. Allerdings verliere ich rasch ausreichend Höhe um bei der schwachen Thermik den Anschluss nicht mehr zu finden. Nach einem weiteren Kreis geriet ich unter den Kamm und war im Tal eingeschlossen ohne Möglichkeit nach Westen zu kommen. Dazu stand ich im äusserst kräftigen Talwind an der aus Osten kam und hatte dabei kaum mehr 15km/h Vorwärtsfahrt. Zwar habe ich dann versucht mich an der Südflanke des Grates zu halten um Höhe zu gewinnen, direkt über den Bäumen war es aber äusserst bockig und so richtig ging es nicht hinauf. Ich beschloss am Hang bei der Thoraualm einzulanden um schnell wieder an den Startplatz zu gelangen. Innerhalb der nächsten 20-30 Minuten landen weitere 3 Piloten im "Kessel der Verlierer" bei den Thoraualmen ein. Zwei Piloten wagen direkt danach den Wiederaufstieg zum Startplatz, ein weiterer Pilot beginnt den Marsch das Tal hinaus. Ein waghalsiges Unterfangen auch für mich, der Rückmarsch zum Startplatz. Nach dem Marsch den ersten Grat 250m hoch und wieder herunter in tiefem nassen Schnee beginne ich eigentlich schon völlig erschöpft den Wandertag nach Ruhpolding.
    Während des Marsches fegten mir äusserst kräftige, aber ebenso kurze Böen thermischer Natur das Tal hinauf. Geschätzt waren dies Ablösungen, durch den Talwind unterstützt, die mit etwa 30 km/h durchgezogen sind. Anhand der Zuggeschwindigkeit der mittlerweile entstandenen Cu-Bewölkung war deutlich zu erkennen, dass die tieferen Schichten teilweise unter kröftigem Osteinschub gelitten haben, entsprechend zerrissen waren die Bärte von unten raus.

    Fazit: Ein Hammertag mit Kompromissen

    Die Bedingungen an diesem Tag waren lokal sehr unterschiedlich. Mehrere Piloten berichteten von verbreitet schwacher Thermik im Bregenzerwald sowie entlang der bayerischen Nordalpen. Der Hochfelln lag mit seinen 1670m Höhe ebenfalls im Bereich der durch die Inversion verursachten stabilen Zone. Anderseits traf aus Graubünden/Prättigau eine Pilotenmeldung ein, wonach dort ein echter Hammertag stattgefunden hat, mit Steigwerten bis zu 10m/sek. und Arbeitshöhen von über 3500m.

    Schlussendlich lassen die im OLC eingereichten weiten und langen Streckenflüge die Berechtigung für den Hammertagalarm doch gerecht werden. Sicherlich waren die Bedingungen nicht für jeden einfach, gerade zu Beginn bei schwachen Bedingungen. Deshalb mein Kompliment allen Piloten die an diesem schwierigen und selektiven Flugtag so gute Strecken geflogen sind.

    Für mich war dieser Flugtag nach einer Flugzeit von kaum 5 Minuten beendet. Der kürzeste Flug seit ich fliege. Überhaupt hatte ich das Gefühl dabei, also wolle mir jemand den Weg weisen: "Nein, es ist besser wenn du heute nicht fliegen gehst. Du gehst jetzt landen".

    Zusammenfassend mein Fazit in Stichworten:



    • sehr hohe Restfeuchte in den Hängen
    • zuviel Neuschnee für gute und starke Thermik von unten heraus
    • schwache Thermik zu Anfang
    • kräftige Talwinde in den Osteinzugsgebieten am Alpennordrand
    • Inversion am Alpennordrand ziemlich stabil
    • sehr gutes Streckenpotential mit jedem Kilometer weiter in den Bergen
    • aus den tieferen Schichten heraus oft träge Thermik
    • Unterschiedliche Windsituationen mit der Höhe
    • recht windig am Alpennordrand
    • für gute Piloten ein recht guter Streckentag
    • Für mehrere Leute ein Wandertag :-)
    Liebe Grüße
    Stefan 'Cumulonimbus' Hörmann

    http://www.gleitsegelwetter.de - Offizieller Supporter der Bavarian Open 2005
    http://www.gleitsegelwetter.de/Spezial/X-Alps-2011/ - X-Alps Wetterblog

    #2
    AW: Meteorologische Reanalyse des Hammertages(?) vom 12.05.2005 am Hochfelln

    ...geil !!!

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      #3
      AW: Meteorologische Reanalyse des Hammertages(?) vom 12.05.2005 am Hochfelln

      ...danke für die Mühe!!!

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