Sicher starten mit dem Drachen

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  • m.a.r.t.i.n
    Registrierter Benutzer
    • 14.09.2011
    • 747

    #46
    Also erstmal: Ich bin auch ein Gutstarter, oder Keinschlechtstarter oder Fehlstartvermeider. Soll heißen, dass meine Starttechnik von Beobachtern im Allgemeinen mehr gelobt als kritisiert wird.

    Was aber beim Thema "Sicher starten mit dem Drachen" meiner Meinung nach fast noch wichtiger ist, als die Starttechnik, sind die Startbedingungen. Und man mag es garnicht glauben, aber auch das kann selbst für "gute Starter" wie mich ein Thema werden:

    Ich bin es gewohnt an guten Startplätzen zu starten, habe das Selbstbewusstsein den letzten 20 Jahren ohne Startzwischenfall, und komme an einen weniger gut gepflegent Startplatz -> keine Windfahnen vorhanden.
    Also wird kurzer Hand ein Fähnchen montiert - Aber nicht unterhalb des Starts, sodass man erkennen könnte was in den nächsten 20sec. am Start für Gegenwind herrscht, sondern nur direkt am Start.
    Und so bin ich in eine abflauende Boe gelaufen, was den Startlauf kritisch lang verlängert hat, und keinen Fehler beim Starten selbst verziehen hätte.

    Die 2. Situation ist in einem Gebiet, wo man direkt von einer Forststraße einen Hang runterstartet. Der Hang ist erst steil und wird dann flacher. Dieses Phänomen wurde vor vielen Jahren begradigt. Diese Begradigung ist aber mit der Zeit immer weiter zurück gegangen. Und siehe da eines Tages wird der Drachen statt immer leichter plötzlich wieder schwerer auf den Schultern. Auch das hätte keinen Fehler beim Starten selbst verziehen...

    Ich werde mich also nicht nur weiterhin mit meiner Starttechnik kritisch befassen, sondern auch Startplätze und Bedingungen kritischer hinterfragen. -> Selbst auf gut bekannten Startplätzen will ich mir die Besonderheiten aufs Neue vor Augen führen.
    glg
    Martin

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    • cloudbuster
      Registrierter Benutzer
      • 04.06.2001
      • 314

      #47
      Zitat von m.a.r.t.i.n
      Also erstmal: Ich bin auch ein Gutstarter, oder Keinschlechtstarter oder Fehlstartvermeider. Soll heißen, dass meine Starttechnik von Beobachtern im Allgemeinen mehr gelobt als kritisiert wird.

      Was aber beim Thema "Sicher starten mit dem Drachen" meiner Meinung nach fast noch wichtiger ist, als die Starttechnik, sind die Startbedingungen. Und man mag es garnicht glauben, aber auch das kann selbst für "gute Starter" wie mich ein Thema werden:

      Ich bin es gewohnt an guten Startplätzen zu starten, habe das Selbstbewusstsein den letzten 20 Jahren ohne Startzwischenfall, und komme an einen weniger gut gepflegent Startplatz -> keine Windfahnen vorhanden.
      Also wird kurzer Hand ein Fähnchen montiert - Aber nicht unterhalb des Starts, sodass man erkennen könnte was in den nächsten 20sec. am Start für Gegenwind herrscht, sondern nur direkt am Start.
      Und so bin ich in eine abflauende Boe gelaufen, was den Startlauf kritisch lang verlängert hat, und keinen Fehler beim Starten selbst verziehen hätte.

      Die 2. Situation ist in einem Gebiet, wo man direkt von einer Forststraße einen Hang runterstartet. Der Hang ist erst steil und wird dann flacher. Dieses Phänomen wurde vor vielen Jahren begradigt. Diese Begradigung ist aber mit der Zeit immer weiter zurück gegangen. Und siehe da eines Tages wird der Drachen statt immer leichter plötzlich wieder schwerer auf den Schultern. Auch das hätte keinen Fehler beim Starten selbst verziehen...

      Ich werde mich also nicht nur weiterhin mit meiner Starttechnik kritisch befassen, sondern auch Startplätze und Bedingungen kritischer hinterfragen. -> Selbst auf gut bekannten Startplätzen will ich mir die Besonderheiten aufs Neue vor Augen führen.
      glg
      Martin
      Danke Martin.

      Ich sehe dies genauso wie Du. Ich kann an vielen Start und Landetrainings teilnehmen und mir dann eine gute Starttechnik bestätigen lassen. Und so ein Training ist mit Sicherheit kein Fehler. Aber ich seh das auch ein bisschen wie ein Fahrsicherheitstraining. Grundsätzlich ne tolle Sache um
      mit problematischen Bedingungen zurecht zu kommen. Verleitet aber u. U. auch die Grenzen etwas weiter auszureitzen. Und da liegt meiner Meinung nach meistens das Problem. Die meisten Startunfälle passieren nicht unbedingt weil man "hochnäsig" startet, sondern weil die Bedingungen nicht passen.
      Natürlich hat ein guter Starter dann einen Vorteil, da er hier etwas retuschieren kann, wie Martin es auch oben beschreibt, aber mit zunehmendern Alter wirds halt leider immer schwieriger.
      Hinzu kommt im allgemeinen, dass dia Anzahl der Starts mit zunehmender Erfahrung meist immer abnimmt. Hatte ich in jungen Jahren noch 150-200 Starts im Jahr, weil mehr Versuche nötig waren um mehr oder weniger die gleiche Jahres Std. Zahl zu erreichen, genügen inzwischen 20 Starts ?. Ergo, es fehlt einfach an der Übung. Und ich denke dies trifft wohl auf vielleicht 80 % der Piloten zu.

      Grüssle
      Bernd

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      • Bernhard Wienand
        Registrierter Benutzer
        • 27.02.2007
        • 1001
        • Bernhard Wienand
        • Hamburg

        #48
        Start-/Landetraining des DFCA:

        Glaube stark, jeder von uns begrüßt (solche) Werbeveranstaltungen für das Drachenfliegen, für Vereine, Hersteller und Ausrüster sowie Flugschulen, gepaart mit der Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen und seine fliegerischen Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern. Habe selbst an ähnlichen Veranstaltungen von unserem Verein mitgewirkt.
        Gutstarter hat doch 'nur', wenn auch negativ formuliert, auf die hohe Bedeutung von Videoanalysen hingewiesen.
        Da es hier um das Thema Starten geht, war mir aufgefallen, dass im Programm für die Veranstaltung eine Videoanalyse für das Landen genannt war, für das Starten jedoch nicht. Dies ist inzwischen nachgeholt worden, wenn auch an unlogischer Stelle:
        • Gurtzeug Check am Simulator
        • Auf- und Abbauhilfe
        • Überprüfung der Aufhängungshöhe
        • Gurt-Kompatibilität HG und Rettung
        • Videoaufnahme am Start mit Analyse
        • Vorflugcheck
        • Einhängekontrolle
        • Liegeprobe
        • Anstellwinkel
        • bewußtes Starten
        • Videoaufnahme der Landung mit Analyse
        • Windrichtung beim Landen
        • Landeeinteilung
        • Überfahrt im Endanflug
        • richtige Reihenfolge beim Aufrichten und Umgreifen
        • Rausdrücken, mitlaufen
        • gegebenenfalls Vermessung und Trimmung
        • VG Stellung
        • richtiges Zusammenlegen des Segels und der Unterverspannung
        Der Anmeldeschluss war zwar schon der 25.5., vermute aber, dass auch Nachzügler willkommen sind. Ansonsten kann man sich ja auch selbst filmen.
        Die Teilnahmegebühr für das Start- und Landetraining von 80,- Euro ist, z.B. gemessen am Preis eines Trapezrohrs, bestimmt eine gute Investition. Weiß allerdings nicht, wie viele Flüge an der Hochplatte an einem Tag realistisch sind.
        Und, wie gesagt, (solche) Trainings halte ich nur dann für hilfreich, wenn auch eine geeignete, sichere Technik vermittelt wird. Unter Anderem sind 'Anstellwinkel' und 'bewußtes Starten' Teile des Programms. 'Überfahrt im Endanflug' ist mir allerdings zu wenig, plädiere für Überfahrt während der gesamten Landeeinteilung. Über Zodn-Air habe ich von Tomas Pellicci nur Gutes gehört. In die Ausstattung der Flugschule wurde jedenfalls ordentlich investiert. Die Fluglehrer werden die Lehrmeinung des DHV vertreten (müssen).
        Jedenfalls drücke ich für den 30.6. die Daumen, hoffe, man hört noch von den Erlebnissen.


        Startbedingungen und Starttechnik:

        Zu den Startbedingungen habe ich mich in meiner Schrift 'Sicher starten mit dem Drachen' unter '1.1 Gelände- und Windverhältnisse studieren' auf den Seiten 4 + 5 und '2.4.2 Wie wichtig Gegenwind, Hangneigung und Laufen sind' auf den Seiten 35 – 39 geäußert. Auch hierzu fallen mir Defizite in meiner Ausbildung ein. So wird z.B. die Wetterkunde als Theorie abgehandelt, nicht verbunden mit der Praxis des Startens, Landens ... Denn natürlich ist es grundsätzlich auch wichtig, die Startbedingungen eigenständig richtig einschätzen zu können, und ggf. auf einen Start, wenn auch schweren Herzens, zu verzichten, da 'Safety first'. Bin auch mal vom Tegelberg und vom Kühboden/Fiesch mit der Bahn wieder runter.
        Für wichtiger als eine gute Starttechnik halte ich dies allerdings nicht. Meine Starttechnik kann ich verbessern, die Startbedingungen muss ich so akzeptieren, wie sie sind. Mein Starttraining sollte jedoch nicht zum Ziel haben, auch bei kritischeren Bedingungen einen Start wagen zu können, sondern meine Starttechnik erst einmal besser kennenzulernen und ggf. mangelnde Startpraxis auszugleichen. Und da kann ich die Beobachtungen von gutstarter bestätigen. Bei der Hessen Open 2019 in Greifenburg habe ich am 13.6. bei sehr guten Startbedingungen 38 Starts gefilmt, von denen 18 fehlerhaft waren, 8 davon kritisch (Wackler, Durchsacker), wegen zu hohem Anstellwinkel, beinah ein schwerer Unfall. Selbst Wettkampfpiloten haben da also ihre Schwächen. Eine sehr erfahrene, aber leichte Pilotin hat den Startplatz für etwa 15 Minuten belegt, bis ihr die Bedingungen gut bzw. sicher genug erschienen. Dies verleitete andere Teilnehmer dazu, neben ihr zu starten, z.T. schräg zum Hang. Dies führte dann auch durch eine Berührung mit der Flügelspitze zum Beinahunfall.


        Fliegen und Angst:

        Ich glaube, eine gewisse Angst gehört zum Fliegen ganz natürlich dazu, zumindest situationsbedingter Stress. Ich habe mit 22 Jahren mit dem Fliegen begonnen, fliege seit 1997 Drachen, und habe 2021 mit 78 Jahren alters- und gesundheitsbedingt aufgehört. Dabei hatte ich in folgenden Situationen ängstlichen Stress: Englischer Sprechfunk beim Ab- und Anflug von Hamburg und München, 2 mal Einflug in eine im Dunst versteckte Wolke in niedriger Höhe, wenige male beim knappen Entkommen einer saugenden Wolke, beim 1. Start 1 Jahr nach meinem Startunfall 2017 (Knochen wollten nicht heilen).
        Neben berechtigter Angst gibt es natürlich auch die unnötige Angst, aber auch die trügerische Sicherheit, und in der wiegen sich nach meiner Einschätzung recht viele Piloten. Erst nach einem Unfall wird ihnen klar, dass auch ihnen Fehler unterlaufen können, wie dicht sie am Limit sind, und dass Unfallstatistiken auch für sie gelten.


        Macht der Gewohnheit:

        Als ich nach meinem Startunfall die Videos von meinen letzten Flügen studierte, erkannte ich, dass ich auch bei früheren Starts schon mal nicht mehr weit von einem Strömungsabriss entfernt war.
        Für den 1. Start nach meinem Unfall hatte ich mir daher eingebläut, den Anstellwinkel beim Schleppstart unbedingt genügend klein zu halten.
        Zunächst einmal war ich überrascht, dass meine Angst vor diesem Start schon mit den Startvorbereitungen schwand. Mit den gewohnten Handgriffen fühlte ich mich immer sicherer.
        Als ich mir meine Videos ansah, war ich aber auch enttäuscht, wie wenig ich mich verbessert hatte, wie sehr sich also wieder meine alte Gewohnheit durchgesetzt hatte.
        Dies zeigt mal wieder, wie wichtig es ist, von Beginn an gutes Verhalten, hier eine sichere Starttechnik, zu erlernen, und wie bedacht man sein sollte, wenn man sich umgewöhnen will.​​
        Zuletzt geändert von Bernhard Wienand; 18.06.2024, 16:37. Grund: (Wackler, Durchsacker) ergänzt

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        • m.a.r.t.i.n
          Registrierter Benutzer
          • 14.09.2011
          • 747

          #49
          Zum Thema Macht der Gewohnheit und Angst, fällt mir das Wort "Bauchgefühl" ein. Unsere Entscheidungen sind extrem vom Bauchgefühl beeinflusst. Und dieses Bauchgefühl entsteht aus unserem Erfahrungsschatz. Somit wird immer dann gefährlich, wenn neue Situationen (z.B. neue Startbedingungen, neue körperliche Verfassung) auftreten. Dann kann es passieren, dass wir trotz gutem Bauchgefühl in Gefahr sind, und das nur erkennen, wenn wir bewusst darüber nachdenken.

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          • Bernhard Wienand
            Registrierter Benutzer
            • 27.02.2007
            • 1001
            • Bernhard Wienand
            • Hamburg

            #50
            Als ich mir vor ein paar Tagen noch einmal die Ankündigung des DHV-Checkseminars auf der Webseite des DHV ansehen wollte, staunte ich über deren neues Layout, gegenüber dem alten noch vor 1-2 Wochen.
            Es wirkt wieder wesentlich aufgeräumter. Auch gibt es jetzt eine Smartphone-Version. Geht man in die tieferen Menüs, stößt man aber noch auf viele alte Layouts. Die Reihenfolge des Hauptmenüs spricht für sich.
            Erstmals 2014 hatte ich den DHV gefragt, ob man die Seiten nicht anders strukturieren könnte, hatte dazu in einer Excel-Tabelle der Inhalte Vorschläge gemacht. Mir ging es hauptsächlich darum, das Drachenfliegen gleichwertig neben dem Gleitschirmfliegen darzustellen, anstatt es hinter der Schaltfläche 'Drachenflug-Welt' (wirkte auf mich wie eine Gnadenkoppel) unter ferner liefen zu verstecken. Nach Kontakten mit Charlie Jöst und Regina Glas verlief die Sache aber schnell im Sande. 2019 startete ich einen neuen Versuch und habe, auf einen Hinweis von Regina, Robin Frieß angerufen. Da man ein Layout auch für Smartphones plane, könne man meine Anregungen vielleicht berücksichtigen. Jetzt gibt es ganz viele DHV-Welten.

            Beim Durchstöbern der neuen Struktur nach Drachen-Themen bin ich dann auf den Artikel 'Sicher starten mit dem Drachen' von Peter Cröniger gestoßen, veröffentlicht im DHV-Info 249, Sept./Okt. 2024, S. 50 – 57.
            Vieles aus meinem Artikel vom 19.4. hier ist aufgegriffen worden, nicht nur die Überschrift. Vom 'hochnäsigen' Anstellwinkel hat man sich aber noch nicht ganz verabschiedet. Es soll jetzt bei flachen Hängen und wenig Wind (in der Schulung) 'anfangs etwas gefühlt hochnäsig' gestartet werden. Beim Startlauf soll der Anstellwinkel dann dosiert reduziert werden, um mit Überfahrt abzuheben. Eine Laufgeschwindigkeit bis 50 km/h sei zu erreichen.
            Die Aufhängung muss in der Starthaltung nicht mehr möglichst straff sein. Hecklastigkeit ist über das Trapez auszugleichen. Das Abkippen in den Hang ist als 'Ankippen' aufgenommen worden. Eine Mitnahme des horizontal ausgerichteten Anstellwinkels in den Hang wird als die empfohlene Reduzierung der 'hochnäsigen' Ausrichtung interpretiert. Die Trapezseitenrohre des am Körper aufsteigenden Drachens dürfen auch durch die Hände nach oben gleiten.
            Ansonsten wimmelt es von nichtssagenden Formulierungen wie 'Nur mit dem richtigen Anstellwinkel gelingt ein guter Start', schönen Worten wie 'optimal', 'harmonisch', 'homogen', 'effektiv', 'excellent', etc., prominenten Namen, und vor allem Fehlern.
            Ursachen für das immer wieder angeführte gefährliche 'Aufschnappen' werden nicht genannt. Zwischen den Geräteklassen wird weiter nicht differenziert, die großen und stark unterschiedlichen Schränkungen mit ihrem maßgeblichen Einfluss auf den Anstellwinkel (der Flügelwurzel) werden überhaupt nicht erwähnt.
            Man spürt zwar den guten Willen des Autors, aber auch, wie sehr es an theoretischer Kompetenz mangelt. Dafür erhält man einen kleinen Einblick, wie so beim DHV gearbeitet wird.

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