Streckenflugschein - ein Boost für die fliegerische Weiterentwicklung?

[cr30251]

Hallo zusammen!

Mich würde mal eure Meinung zum o. g. Thema interessieren.
Wie habt ihr die Streckenflugausbildung empfunden? War das für eure fliegerische Entwicklung förderlich?
Seid ihr "effizienter" beim Auffinden von Thermiken? Schaut ihr Gelände und Wetter signifikant anders an als vor dieser Ausbildung? Bringt diese Ausbildung auch für Piloten etwas, die nicht auf große Streckenflüge aus sind?

Bitte gerne alle Erfahrungen teilen! Und die große Abschlussfrage - ist diese Ausbildung weiterzuempfehlen, wenn man sich fliegerisch weiterentwickeln möchte? Auf jeden Fall, unter gewissen Voraussetzungen? Oder vielleicht nicht unbedingt?

Bitte keine rechtlichen Aspekte diskutieren, es geht mir lediglich um fliegerische Weiterentwicklung.


Bin gespannt auf die Diskussion!

Grüße
CR

[FliegenWilli]

Was meinst du genau?
Die Ausbildung und abschließende Prüfung zum "Unbeschränkter Luftfahrerschein" (B-Schein in D) oder eine Weiterbildung bei Flugschulen speziell zum Streckenfliegen ohne weitere Prüfung / Lizenz?

Bei der in D geteilten Ausbildung zum unbeschränkten Luftfahrerschein sind Themen enthalten, die bei der A-Schein Ausbildung fehlen. Meist Themen, die ein "reiner Hausbergflieger" noch nicht braucht. Für einen Streckenflug sollte man einige rechtlichen Dinge noch mal genauer anschauen. Es gibt auch weitere Praxistipps zur Navigation und Flugtechnik.

Bei Streckenflugseminaren wie sie von vielen Flugschulen angeboten werden, wird oft tiefergehende Praxis vermittelt. Dazu gehören Planung von Streckenflügen, Außenlandungen und Thermiksuche. Ideal ist, wenn gemeinsam in der Gruppe Streckenflüge geplant und ausgeführt werden. Mit Briefing und Debriefing zum Flugtag.

Als Weiterbildung hat mir beides was gebracht. Und sei es nur zur Auffrischung des Wissens und Verfeinerung der eigenen Flugtechnik.

Wie weit diese Weiterbildung dir etwas bringt, hängt vom konkreten Angebot der Flugschule und deinem Könnensstand ab. Vielleicht kannst du konkrete Beispiele nenne, die dich interessieren?

[Born2Fly]

Also ich hab beim B Schein nicht sonderlich viel neues vermittelt bekommen.
Hatte auch den Eindruck, dass sich da vieles mit dem A Schein überschnitten hat damals.

Am meisten bringt mir persönlich einfach fliegen.
Die meisten Theorien kennt man ja oder hat sich schon Mal damit befassen wenn man solche Ambitionen hat.
Aber das ersetzt halt die Flugstunden nicht. Gerade mehrfach die gleichen oder ähnliche Strecken fliegen, verschiedene Routen probieren etc bringt mir viel und gibt Sicherheit und Routine. Außerdem viel das Wetter beobachten, analysieren. Mit Leuten fliegen die besser sind...

Aber natürlich wird das sehr individuell sein. Ich kenne auch Leute die haben es nicht so mit Selbststudium, für die war in der Ausbildung vieles neu oder nicht so bewusst.

Also nein. Mir hat das, abgesehen vom rechtlichen, fliegerisch nicht so viel gebracht (aber die Weiterbildung ist ja auch nicht wirklich teuer bzw zeitaufwändig).

[cr30251]

Guten Morgen, danke für eure Antworten!
Ich habe mit meinem Beitrag die wirkliche Lizenz gemeint. Also quasi Kurs und Prüfung zum B-Schein. Beispiele, da tu ich mir schwer. Ich bin nur generell der Typ, der immer was neues lernen möchte. Ich bin bei knapp 80 Flügen und habe seit ungefähr eineinhalb Jahren den A-Schein. Ich habe mich schon damals intensiv mit Meteorologie, Thermik und dgl. beschäftigt - deutlich mehr als man in der Ausbildung lernt. Meiner Meinung nach war das für meine Entwicklung schon sehr förderlich. Mittlerweile würde ich mich als "Intermediate" Pilot einschätzen, ich bin sicher kein Profi, aber komme mit allem gut zurecht.
Und jetzt ist es eben so, dass ich mir überlege, wie ich mich fliegerisch weiterentwickeln kann. Habt ihr, abseits vom B-Schein, vielleicht noch andere Tipps betreffend Seminare/Kurse etc., die euch persönlich gut gefallen haben?

[AffiPG]

Und jetzt ist es eben so, dass ich mir überlege, wie ich mich fliegerisch weiterentwickeln kann. Habt ihr, abseits vom B-Schein, vielleicht noch andere Tipps betreffend Seminare/Kurse etc., die euch persönlich gut gefallen haben?

Sicherheitstrainung! Meiner Meinung nach eh sinnvoll für die B-Schein Praxis, dann muss man sich nicht auf einer "langweiligen" Flugreise mit der Flugschule rumschlagen und kann da die Manöver (oder abgeleitete Manöver z.B. Wingover statt Nicken und Rollen) fliegen. Musst halt nur vorher abklären was dir unterschrieben wird, ist aber meist kein Problem das etwas "kreativ" auszulegen. Vorallem Stalls (find ich) sollte man mal unter Anleitung geflogen sein, hilft enorm dabei zu verstehen bei welchen Störungen man beherzt zulangen kann und wann man besser die Hände oben lässt.

[Retair]

SIKU kann ich definitiv unterschreiben! In der CH hat man grundsätzlich auch während der Ausbildung zum Brevet Störungen etc. angeschaut und ich dachte lange, dass dies ja easypeasy ist und ein SIKU somit nur ein Zückerchen obendrauf. Falsch gedacht, was ich in 2 Tagen SIKU gelernt hatte, überstieg meine Vorstellungen von davor deutlich.
Aber sei gewarnt: Mein Schirm war danach leider etwas in Mitleidenschaft gezogen worden, die Materialbelastung ist nicht zu unterschätzen.

[luaas]

Ich würde sagen, das hängt alles v.a. vom Piloten ab.
Jemand, der wirklich lernen und weiterkommen WILL, der wird sich alle nötigen Infos dafür besorgen, der wird sich Flugschulen suchen oder Ausfahrten mitmachen, von denen er weiß, dass dort erfahrene Piloten mitmachen, von denen er viel lernen kann. Und er wird dann nervig sein und viele, viele Fragen stellen und sich alles erklären lassen. Dann wird er auch viele viele hilfreiche Antworten bekommen. Denn das ist ja das schöne an der Gleitschirmszene: Auch die Erfahrenen haben im Grunde immer ein offenes Ohr und geben ihr Wissen gerne weiter, wenn man sich interessiert zeigt.

[shoulders]

Sicherheitstraining halte ich bei jedem Piloten für sinnvoll - und zwar immer wieder. Das kann und sollte man schon früh in der Ausbildung angehen (damit man einen vollständigen Eindruck von der Sache bekommt, solange man noch im aufnahmebereiten "Lernmodus" und nicht schon durch allerlei eigene "Erfahrung" getäuscht ist). Hinzu kommt, dass man auch beim SiT nicht nur abmontiert - oft genug hat es mal ungeeignetes Wetter und jede Flugschule, die ihren Namen wert ist, bietet in diesen Phasen Theorieunterricht oder Seminare an.

Bei einem SiT sollte man es auch nicht belassen (und schon gar nicht bei keinem - ich habe genug alte Hasen kennengelernt, die sich auf zwei Dutzend Jahren an drei Hausbergen ausgeruht und darob für sich selber die Sinnlosigkeit eines SiT abgeleitet haben. Dann sind sie doch mal aus der Komfortzone und dem Himmel gefallen, was nicht alle überlebt haben). Einer der Effekte regelmäßiger Wiederholung ist ein Körper- und Gefahrengedächtnis, das man nicht dadurch erwirbt, dass man einmal im Urlaub die Übungen abgeturnt hat.

Ich hab' mein erstes SiT zwei Monate nach dem A-Schein gemacht. Seitdem bin ich zunächst jedes Jahr, seit einiger Zeit nur noch jedes zweite wieder hin (inzwischen ist deren Zahl zweistellig). Mal ganz abgesehen vom Spaß entsteht so langsam eine gewisse Grundgelassenheit und ein "Wrrkzeugkasten", der einem in Problemlagen gut hilft (oft erwischt es einen ja nun doch erst Jahre nach dem einzigen SiT, wenn alles längst vergessen ist).

So wie letztes WE - da hatte ich einen Verhänger auf einem hoch gestreckten Schirm, der auch per Stabilo nicht mehr rauszubasteln war (und nein, in so einem Fall einfach mal einen Fullstall zu ziehen ist ein Stammtischmanöver, aber IRL nah am Alpenrelief eher blöd). Ein passend gezogener Klapper hat das Problem soweit gelöst, dass der Rest wieder mit dem Stabilo zu öffnen war - aber wie weit man den nun in welcher Lage als Problemlösung und nicht als Pflichtübung über Wasser zieht, ist halt meistens nicht in den paar Tagen eines einzigen SiT unter Aufsicht gelernt und verinnerlicht...

[martin2005]

Ich würde sagen, das hängt alles v.a. vom Piloten ab.
Jemand, der wirklich lernen und weiterkommen WILL, der wird sich alle nötigen Infos dafür besorgen

Das sehe ich auch so. Neben dem genannten SiT fällt mir noch ein: Einem aktiven Club anschließen, es geht wenig über gemeinsame Stammtische mit Austausch über alles fliegerische.
Und später vielleicht mal Bewerbe (egal ob H&F oder zentrale), da lernt man echt viel und eine nette Gemeinschaft mit Erfahrungsaustausch ist es auch, siehe z.B. https://www.gleitschirmdrachenforum....f-r-einsteiger

[Thomas10951]

Sicherheitstraining halte ich bei jedem Piloten für sinnvoll - und zwar immer wieder.

Dem kann ich mich nur anschliessen

Ich hab' mein erstes SiT zwei Monate nach dem A-Schein gemacht. Seitdem bin ich zunächst jedes Jahr, seit einiger Zeit nur noch jedes zweite wieder hin

Das ist auch meine Meinung, ich habe ein SIT ca. 6 Monate nach meinem A-Schein besucht und dort gemerkt wie es mich "weiter gebracht" hat. Seit dem habe ich ein anderes Gefühl zu dem Schirm und kann besser einschätzen was passieren kann und es eigentlich gar nicht so schlimm ist wenn der Schirm wegklappt.

Mein Plan ist auch jedes Jahr eins zu machen.

lg
Thomas

[ESP2019]

Ich habe mit meinem Beitrag die wirkliche Lizenz gemeint. Also quasi Kurs und Prüfung zum B-Schein. [...]
Ich bin bei knapp 80 Flügen und habe seit ungefähr eineinhalb Jahren den A-Schein. [...]
Mittlerweile würde ich mich als "Intermediate" Pilot einschätzen, ich bin sicher kein Profi, aber komme mit allem gut zurecht.

Nach meinem Befinden taugt der B-Schein definitiv nicht, um ein "besserer Streckenpilot" zu werden. Die Zielrichtung liegt da auf etwas ganz anderem. Luftfahrttheorie!
Ein SIV bringt dir für die Strecke auch erst mal wenig, aber es ist essentiell für die Flugsicherheit und somit auch für das Streckenfliegen! Oft kann man den B-Schein auch zusammen mit einen SIV erfolgreich abschließen, da neben der Theorieprüfung auch ein Streckenflug abgezeichnet werden muss.

Ich habe dir aus deinen Aussagen etwas herauskopiert und meine, dass es sehr wichtig ist, beim Fliegen demütig gegenüber der eigenen Erfahrung und Einschätzung zu bleiben. Ein "Intermediate" Pilot zählt nicht mehr die Flüge, sondern eher die Flugzeit in Stunden-, bzw. Tagen je Jahr.

[cr30251]

Hi!
Vielen Dank für die zahlreichen Antworten! Das mit dem SIT ist sicher eine sehr gute Idee, das werde ich mir definitiv anschauen. Wie schon vorgeschlagen lässt sich das eventuell sogar kombinieren, das wäre ohnehin der Idealfall.

Nach meinem Befinden taugt der B-Schein definitiv nicht, um ein "besserer Streckenpilot" zu werden. Die Zielrichtung liegt da auf etwas ganz anderem. Luftfahrttheorie!
Ein SIV bringt dir für die Strecke auch erst mal wenig, aber es ist essentiell für die Flugsicherheit und somit auch für das Streckenfliegen! Oft kann man den B-Schein auch zusammen mit einen SIV erfolgreich abschließen, da neben der Theorieprüfung auch ein Streckenflug abgezeichnet werden muss.

Ich habe dir aus deinen Aussagen etwas herauskopiert und meine, dass es sehr wichtig ist, beim Fliegen demütig gegenüber der eigenen Erfahrung und Einschätzung zu bleiben. Ein "Intermediate" Pilot zählt nicht mehr die Flüge, sondern eher die Flugzeit in Stunden-, bzw. Tagen je Jahr.

Da gebe ich dir völlig recht. Ich "zähle" ja die Flüge auch nicht richtig, ich schreibe nur seit meinem ersten Höhenflug vor 1,5 Jahren Logbuch (und das werde ich auch weiterhin beibehalten)
Aber ich weiß natürlich worauf du hinauswillst.

Also nochmal vielen Dank für die rege Diskussion an alle!

[SoaringErnie]

Ich schreibe nur noch Flüge auf, die zur Orientierung dienen sollen. (Wann, was, wo) In über 20 Jahren sammelt sich da so viel, da kommst Du nicht mehr durch.

[TobiasS]

Hi Christian,

ich kann dir mal von meinen Erfahrungen berichten evtl. hilft es ja.
Ich hab seit 10 Monaten den A-Schein und seit 7 Monaten den B-Schein, sprich mein erstes Frühjahr 😃. Für den B-Schein hatte ich mir 2 Wochen vorgenommen (Thermik Technik und B-Schein). In den 2 Wochen sind wir fast nur geflogen und irgendwo wurde noch etwas Luftraumtheorie und eine Prüfung reingequetscht. Am Ende brauchte ich noch Höhenflüge für den B-Schein - das sagt wohl alles 😁. Primär wollte ich unbedingt nach dem A-Schein Thermik fliegen und rechtlich sauber sein, wenn es dann mal auf Abwege geht.

Für mich war es super den B-Schein gemacht zu haben und es hat mir extrem weitergeholfen. Am Ende zählt, wie viel du unter deinem Schirm warst (auch Groundhandling) und wie viele verschiedene Bedingungen du schon kennenlernen durftest, also wie viele verschiedene Erfahrungen hat man bereits gesammelt.
Das Auffinden von Thermik sowie das Lesen vom Gelände und Wetter kommt da von ganz alleine, durch das viele herumprobiert. Bis das aber halbwegs gut funktioniert, braucht es viel Zeit. Es braucht keine großer Streckenflug zu sein, ohne Thermik zu finden, klappt auch ein kurzer Streckenflug nicht.

Ist die Ausbildung empfehlenswert? Auf jeden Fall, egal wo man fliegt, man lernt immer etwas dazu. Natürlich vorausgesetzt man lässt sich auch mal auf einen Landeplatz abseits der definierten Landeplätze ein. Der Abholservice ist beim Kurs inklusive 😉. An dem Punkt scheitere ich momentan noch außerhalb von so einem Kurs. Ich würde dir aber empfehlen zu einer Flugschule zu gehen, die ihre Basis in einem gut erreichbaren Haupttal hat und nicht irgendwo im letzten Eck versteckt ist 😉.

Achja ein SIV hatte ich bisher nicht und fürs Streckenfliegen ist es nur für die Sicherheit gut (folgt nächsten Monat). Zuletzt hatte ich mich in einen High B Flügel verliebt... mal schauen, wo die Reise hin geht, fehlt dann nur noch das Liegegurtzeug 😁.
LG

Tobias

[cr30251]

Hi Tobias!
Sorry für die späte Antwort, ich schaue hier nur sporadisch rein.
Jedenfalls vielen Dank für deine Ausführungen. Werde heuer mit 2 Freunden den B-Schein absolvieren (im Frühsommer). Sicherheitstraining ebenfalls.

Alles Gute!


LG
Christian