Irgendwie artet der Sammelbestellung "leichte Gurtzeuge" allmählich zum Chairbag-Testthread aus. Daher mache ich hier mal einen neuen Thread auf. Ein geneigter Admin könnte ja viellicht auch ein paar der letzten Posts hierhin verschieben.
Stefan war so freundlich mir ein Chairbag Plus zum Testen zu schicken. Auch wenn MichiM andere Erfahrungen gemacht hat, bei mir kam das Testgurtzeug superschnell (innerhalb von zwei Werktagen) an. Ich war auf das Ding schon seit Monaten scharf, weil es wohl das einzige DHV gesiegelte Wendegurtzeug ist, das auch mit einem Seitencontainer ausgestattet werden kann. Ich hasse Frontcontainer. Leider hatte Stefan gerade keinen Orginalseitencontainer da. Aber er hat sich angestrengt und mit Bitte um Vergebung mir einen anderen gebrauchten Seitencontainer beigelegt. (In total schwulem 80ies Neonpink! Argh!) Die Montage am Gurtzeug habe ich versucht nach bestem Verständnis der Anleitung durchzuführen. Ich hoffe mal dass das mit dem Orginalseitencontainer besser geht, denn so wie ich das montiert haste, war das ein hoffnungsloses Gewurschtel. Das kann nicht so gedacht sein.
Karabiner waren dabei. Am Haken aufgehängt stellte ich mir das Gurtzeug ein. Von fast liegend bis aufrecht ließ sich eigentlich alles erreichen. Hat man das Gurtzeug in der Grundeinstellung eher sitzend eingestellt so liegt man beim Durchstrecken (z.B. beschleunigte Talquerung) eher steil geneigt. Ist die Grundeinstellung eher liegend, dann liegt man beim Durchstrecken flacher.
Pfiffig fand ich insbesondere die Schnallen zum Einstellen der Schulter- und Rückengurte. Dort hingen zwei Gurtenden (mit Daumenschlaufen) heraus. Mit dem einen Ende konnte man den Gurt strammer ziehen. Zog man am anderen Ende, entriegelte sich auch unter Last die Klemme und gab den Gurt frei. Die Schnallen waren durch Neoprenüberzieher geschützt. Um das Baumeln überstehender Gurtenden zu vermeiden war ein bißchen Klett angehäht. Nette Idee, jedoch war es einfach zuviel Gurt für das Klett. Mit einmal Wickeln erfüllte es dann doch seinen Zweck. Solche Details zeigen aber dass man auch bei einem Leichtgurtzeug nicht unbedingt auf schlaue Details verzichten muss. Für den Bauch und die Beingurte wurden 'normale' Klemmen verwendet. Mit 172 cm Länge bin ich eher klein. Da ich auch noch gerne extrem aufrecht fliege, musste ich so ziemlich alle Gurte auf Anschlag anzurren, aber dann passte es mir recht gut.
Der Platz im Rucksack für Schirm und Ausrüstung ist groß. Auf jeden Fall genug für meinen Skywalk Tequila (S), Helm, Brille, Jacke, Windhose, Funke, Navi, Handschuhe, 3 Liter Trinkbeutel, Proviant für zwei und es war immer noch Platz.
Beim Aufsetzen kam die erste angenehme Überraschung: Der Hüftgurt ist der ober-mega-über-bequemste Hüftgurt, den ich je an einem Rucksack hatte! Von anderen Rucksäcken war ich es gewohnt, dass der Hüftgurt durchgehend ist und über das Hüftpolster führt. Schon nach kurzer Zeit drückten mir jene Hüftgurte durch das Polster hindurch das Unterhosengummi ins Fleisch. Nicht so beim Chairbag. Hier geht der Hüftgurt nicht rundherum, sondern ist am Polsterende angenäht. Das Polster hat so eine Art Stretcheffekt und verteilt perfekt den Druck auf die gesamte Fläche. Besser geht's nicht.
Auf meinem Fußweg zum Bahnhof sackte allerdings erwartungsgemäß der Rucksackinhalt zusammen. Dadurch geht (wie bei allen beiden anderen Packsäcken, die ich je hatte auch) die Formstabilität verloren, der Rucksack staucht sich zusammen und das Gewicht lastet wieder mehr auf den Schultern. Ich hätte mir 2 bis drei Kompressionsgurte gewünscht, um den Chairbagrucksack formstabil zusammen zu zurren. Das wäre vielleicht nicht gut für den Schirm, aber ein formstabilerer Rucksack wäre besser für meinen Rücken. Beim Altirando sind übrigens solche Kompressionsgurte dran.
Am Übungshang Mellbeck war wenig Wind, es reichte aber um den Schirm aufzuziehen. Beim Anlegen des Gurtzeugs war ich verwundert, wie tief der Bauchgurt liegt. Ein Brustgurt um die Schultergurte zusammenzuhalten war nicht dran. Prompt rutschten mir auch schon beim ersten Start beide Gurte über die Schultern. Der Brustgurt von der Rucksackseite des Chairbags war allerdings abschnallbar, so dass ich ihn für die Gurtzeugseite zweckentfremden konnte. Allerdings war keine ordentliche Befestigungsmöglichkeit für solch einen Brustgurt vorgesehen. Befestigte man ihn unterhalb der Schulterpolster, dann rutschte er aber sofort bis zum Bauchgurt herab. Also befestige ich den Brustgurt provisorisch mit einer sehr weiten Einstellung oben auf den Schultern an den Aufhängeschlaufen für die Rettung. Da würde ich noch Befestigungsmöglichkeiten dran nähen.
Ich bin noch nie zuvor mit einem Gurtzeug mit "Get-up" Beinschlaufen geflogen. Was für eine Bewegungsfreiheit! Mit dem Ding kann man ja richtig rennen! Ich dachte immer es läge nur an mir, dass ich bei Vorwärtsstarts nicht aus dem Quark kam. Aber es war tatsächlich auch mein Sup'Air Moovy mit den eng eingestellten Beinschlaufen mit dran Schuld. Neben den Hauptbeingurten, die vom Sitzbrett zum Bauchgurt führen, hat Apco zur Bequemlichkeit noch Gurtabzweigungen angenäht, die um den Oberschenkel herum führen, so wie bei gewöhnlichen Gurtzeugen. Das hilft gut beim Hereinsetzen und bei der Gewichtssteuerung. So vereint Apco hier die Vorteile des "Get-up" Systems mit den Vorteilen normaler Beinschlaufen. Zwar wird im Handbuch behauptet diese Bequemlichkeitszusatzbeingurte würden den Druck auf die Leistengegend mindern, aber das funktioniert nicht. Egal, aus dem Stimmbruch bin ich raus, eh keine Freundin in Aussicht und Kinder würden mich nur vom Fliegen abhalten.
Der Seitencontainer jedoch war eine Katastrophe. Zur Erinnerung: das war nicht der Orginalcontainer, sondern eine gebrauchte, verzweifelte Notlösung, die mir Stefan zugeschickt hatte, weil er noch keine von Apco auf Lager hatte. Das Ding ließ sich nicht wirklich gut anbringen, verrutschte, baumelte, störte, war rundum doof. Und pink war es auch noch. Das schlimmste war dabei, dass ich in einer Notsituation kaum an den Griff gekommen wäre. Auch war der Container so konstruiert, dass man einen riesigen Klettstreifen in Scherrichtung hätte aufreißen müssen um den Innencontainer herauszubekommen. Klett hält in Scherrichtung supergut. Mit gestrecktem Arm hatte ich schon im Stand nur mit Mühe die Kraft dazu. Wenn dann noch in einem Spiralsturz Panik und Zentrifugalkräfte hinzukämen - no way! Ich montierte diese Alibirettung daher ab. Hoffentlich ist der Orginal Apco Seitencontainer da besser konstruiert.
Einmal in der Luft kam für mich die nächste Überraschung: Gewichtssteuerung. Geht supergut. Man kann das Sitzbrett sehr weit verkanten und damit den Schirm wunderbar zum Kurven bringen. Das ging mit meinem Sup'Air Moovy bei weitem nicht so gut. Das bin ich stets mit breitest möglicher Bauchgurteinstellung geflogen. Das Chairbag kann man noch viel weiter einstellen. Insgesamt fühlte sich das Fliegen mit dem Chairbag direkter, offener, agiler, agressiver, holpriger, jeepartig an. Mein Sup'Air Moovy hingegen war da eher gemütlich, behütend, wie eine Limousine.
Einen Fehler hatte ich anfangs gemacht indem ich Kram (Jacke, Proviant, etc) einfach achtlos in den Rückenairbag gestopft hatte. Damit hatte ich das Luftloch zum Befüllen des Rückenairbags verstopft und er füllte sich nicht ordentlich. Aus gutem Grund schreibt Apco in der Bedienungsanleitung man solle Gepäck im mitgelieferten Beutel (fehlte bei mir) verstauen und so im Airbag einhängen, dass das Loch nicht verstopft. Zum Einhängen gab es reichlich Schlaufen. Ich verwendete dann einfach den Kompressionsbeutel meines Gleitschirms als Gepäckbeutel und der Airbag blies sich dann ordentlich auf.
All diese Test erfolgten an einem lächerlichen 40-Meter Übungshügel.
Am nächsten Tag fuhr ich nach Willingen ins Sauerland in der Hoffnung mal länger als eine halbe Minute am Stück zu fliegen. Auf die Rettung verzichtete ich zunächst leichtsinnigerweise. Kinder, nicht nachmachen, ich bin unvernünftig und böse! Folgerichtig wurde ich auch mit ärmlichen kurzen Abgleiterchen bestraft. Die reichten jedoch schon mal aus um ein Problem des Chairbags aufzudecken: Sowohl die Beinschlaufen, als auch der Bauchgurte neigten dazu sich aufzuziehen. Die Schulter- und Rückengurte hingegen hielten bombensicher. Waren die Beinschlaufen zu weit eingestellt, dann wurde das Reinrutschen ins Gurtzeug zum Ententanz. Für mich persönlich wäre das allerdings kein Kaufhindernis, denn auch bei meinem Moovy rutschten die Beingurte manchmal durch die Schnallen. Dagegen nähte ich einfach ein bißchen Klett auf die Gurtbänder und das Problem war Geschichte. Das würde ich beim Chairbag genau so machen.
Nur um mal so das Gefühl wieder zu bekommen warum ich keinen Frontcontainer mag, borgte ich mir für den letzten Flug des Tages mal einen von einem Freund. Den Frontcontainer konnte man wunderbar in zwei Schlaufen direkt bei den Karabinern einhängen. Wenn ich die Bedienungsanleitung richtig verstanden habe, dann sollten diese Schlaufen auch zum Schleppen da sein. Das würde ich jedoch niemals wagen, dazu kommen sie mir weit unterdimensioniert vor. Kaum hatte ich die Rettung dran, schwupps erwischte ich eine nette Phase, konnte mehrere hundert Meter überhöhen und knapp eine Stunde lang fliegen. In dieser Stunde wurde mir zwar fürchterlich kalt, bis die Finger taub waren, aber das Gurtzeug wurde mir nicht unbequem. Allerdings stellte ich hierbei fest, dass mir das Chairbag wohl doch zu groß war. Zwar saß ich mit dem Hintern bequem und sicher drin, aber mit den Knien rutschte ich doch ziemlich auf dem Sitzbrett hin und her. Beim Kurvendrehen verkrampfte ich um dem entgegen zu wirken. Ich probierte auch mal den Beschleuniger aus. Ich hatte nicht den tollen Wonderbar, den Apco anpreist, sondern einen einfachen Beschleuniger mit einem Holm und einer Schlinge. Beim Suchen nach dem Beschleuniger trat ich mit der Hacke erst mal in die Lufteintrittsöffnung des Chairbag statt in die Schlinge. Gut dass ich da nicht mit Kraft durchgetreten hatte! Im Gegensatz zu meinem gewohnten Moovy leiteten die Umlenkrollen des Chairbag die Kraft weniger auf den Rücken als von unten auf den Hintern.
Als Frontcontainerverweigerer würde ich mir auch eine Trinkschlauchdurchführung wünschen um einen Trinkbeutel im Airbag verstauen zu können. Boa hab ich exotische Wünsche!
Ich habe mit dem Chairbag jetzt gut ein Dutzend Starts, in der Summe so etwa ~1 1/2 Stunden Airtime und 6 x 15 Min Fußmarsch absolviert. Mein Fazit dabei:
+ hervorragende Gewichtssteuerung
+ kaum Bewegungseinschränkung -> Starten macht Spaß
+ hervorragender Beckengurt als Rucksack
+ Flugkomfort
+ viel Platz
- mir doch zu groß
- einige Gurte rutschen durch die Schnallen
- Schultergurte rutschen herunter, keine Aufhängung für Brustgurt
- Kompressionsgurte wären wünschenswert
- ein / zwei Reißverschlussfächer mehr für Kleinkram wären wünschenswert
(- der Ersatzseitencontainer, nicht von Apco, ist lebensgefährlicher Schrott)
Nur damit Ihr meinen Erfahrungsbericht einordnen könnt: Ich bin ein Gelegenheitsflieger, der vielleicht 30 bis 40 Stunden Airtime pro Jahr macht. Außer meinem Moovy kenne ich bisher eigentlich kein anderes Gurtzeug.
Phil
Stefan war so freundlich mir ein Chairbag Plus zum Testen zu schicken. Auch wenn MichiM andere Erfahrungen gemacht hat, bei mir kam das Testgurtzeug superschnell (innerhalb von zwei Werktagen) an. Ich war auf das Ding schon seit Monaten scharf, weil es wohl das einzige DHV gesiegelte Wendegurtzeug ist, das auch mit einem Seitencontainer ausgestattet werden kann. Ich hasse Frontcontainer. Leider hatte Stefan gerade keinen Orginalseitencontainer da. Aber er hat sich angestrengt und mit Bitte um Vergebung mir einen anderen gebrauchten Seitencontainer beigelegt. (In total schwulem 80ies Neonpink! Argh!) Die Montage am Gurtzeug habe ich versucht nach bestem Verständnis der Anleitung durchzuführen. Ich hoffe mal dass das mit dem Orginalseitencontainer besser geht, denn so wie ich das montiert haste, war das ein hoffnungsloses Gewurschtel. Das kann nicht so gedacht sein.
Karabiner waren dabei. Am Haken aufgehängt stellte ich mir das Gurtzeug ein. Von fast liegend bis aufrecht ließ sich eigentlich alles erreichen. Hat man das Gurtzeug in der Grundeinstellung eher sitzend eingestellt so liegt man beim Durchstrecken (z.B. beschleunigte Talquerung) eher steil geneigt. Ist die Grundeinstellung eher liegend, dann liegt man beim Durchstrecken flacher.
Pfiffig fand ich insbesondere die Schnallen zum Einstellen der Schulter- und Rückengurte. Dort hingen zwei Gurtenden (mit Daumenschlaufen) heraus. Mit dem einen Ende konnte man den Gurt strammer ziehen. Zog man am anderen Ende, entriegelte sich auch unter Last die Klemme und gab den Gurt frei. Die Schnallen waren durch Neoprenüberzieher geschützt. Um das Baumeln überstehender Gurtenden zu vermeiden war ein bißchen Klett angehäht. Nette Idee, jedoch war es einfach zuviel Gurt für das Klett. Mit einmal Wickeln erfüllte es dann doch seinen Zweck. Solche Details zeigen aber dass man auch bei einem Leichtgurtzeug nicht unbedingt auf schlaue Details verzichten muss. Für den Bauch und die Beingurte wurden 'normale' Klemmen verwendet. Mit 172 cm Länge bin ich eher klein. Da ich auch noch gerne extrem aufrecht fliege, musste ich so ziemlich alle Gurte auf Anschlag anzurren, aber dann passte es mir recht gut.
Der Platz im Rucksack für Schirm und Ausrüstung ist groß. Auf jeden Fall genug für meinen Skywalk Tequila (S), Helm, Brille, Jacke, Windhose, Funke, Navi, Handschuhe, 3 Liter Trinkbeutel, Proviant für zwei und es war immer noch Platz.
Beim Aufsetzen kam die erste angenehme Überraschung: Der Hüftgurt ist der ober-mega-über-bequemste Hüftgurt, den ich je an einem Rucksack hatte! Von anderen Rucksäcken war ich es gewohnt, dass der Hüftgurt durchgehend ist und über das Hüftpolster führt. Schon nach kurzer Zeit drückten mir jene Hüftgurte durch das Polster hindurch das Unterhosengummi ins Fleisch. Nicht so beim Chairbag. Hier geht der Hüftgurt nicht rundherum, sondern ist am Polsterende angenäht. Das Polster hat so eine Art Stretcheffekt und verteilt perfekt den Druck auf die gesamte Fläche. Besser geht's nicht.
Auf meinem Fußweg zum Bahnhof sackte allerdings erwartungsgemäß der Rucksackinhalt zusammen. Dadurch geht (wie bei allen beiden anderen Packsäcken, die ich je hatte auch) die Formstabilität verloren, der Rucksack staucht sich zusammen und das Gewicht lastet wieder mehr auf den Schultern. Ich hätte mir 2 bis drei Kompressionsgurte gewünscht, um den Chairbagrucksack formstabil zusammen zu zurren. Das wäre vielleicht nicht gut für den Schirm, aber ein formstabilerer Rucksack wäre besser für meinen Rücken. Beim Altirando sind übrigens solche Kompressionsgurte dran.
Am Übungshang Mellbeck war wenig Wind, es reichte aber um den Schirm aufzuziehen. Beim Anlegen des Gurtzeugs war ich verwundert, wie tief der Bauchgurt liegt. Ein Brustgurt um die Schultergurte zusammenzuhalten war nicht dran. Prompt rutschten mir auch schon beim ersten Start beide Gurte über die Schultern. Der Brustgurt von der Rucksackseite des Chairbags war allerdings abschnallbar, so dass ich ihn für die Gurtzeugseite zweckentfremden konnte. Allerdings war keine ordentliche Befestigungsmöglichkeit für solch einen Brustgurt vorgesehen. Befestigte man ihn unterhalb der Schulterpolster, dann rutschte er aber sofort bis zum Bauchgurt herab. Also befestige ich den Brustgurt provisorisch mit einer sehr weiten Einstellung oben auf den Schultern an den Aufhängeschlaufen für die Rettung. Da würde ich noch Befestigungsmöglichkeiten dran nähen.
Ich bin noch nie zuvor mit einem Gurtzeug mit "Get-up" Beinschlaufen geflogen. Was für eine Bewegungsfreiheit! Mit dem Ding kann man ja richtig rennen! Ich dachte immer es läge nur an mir, dass ich bei Vorwärtsstarts nicht aus dem Quark kam. Aber es war tatsächlich auch mein Sup'Air Moovy mit den eng eingestellten Beinschlaufen mit dran Schuld. Neben den Hauptbeingurten, die vom Sitzbrett zum Bauchgurt führen, hat Apco zur Bequemlichkeit noch Gurtabzweigungen angenäht, die um den Oberschenkel herum führen, so wie bei gewöhnlichen Gurtzeugen. Das hilft gut beim Hereinsetzen und bei der Gewichtssteuerung. So vereint Apco hier die Vorteile des "Get-up" Systems mit den Vorteilen normaler Beinschlaufen. Zwar wird im Handbuch behauptet diese Bequemlichkeitszusatzbeingurte würden den Druck auf die Leistengegend mindern, aber das funktioniert nicht. Egal, aus dem Stimmbruch bin ich raus, eh keine Freundin in Aussicht und Kinder würden mich nur vom Fliegen abhalten.
Der Seitencontainer jedoch war eine Katastrophe. Zur Erinnerung: das war nicht der Orginalcontainer, sondern eine gebrauchte, verzweifelte Notlösung, die mir Stefan zugeschickt hatte, weil er noch keine von Apco auf Lager hatte. Das Ding ließ sich nicht wirklich gut anbringen, verrutschte, baumelte, störte, war rundum doof. Und pink war es auch noch. Das schlimmste war dabei, dass ich in einer Notsituation kaum an den Griff gekommen wäre. Auch war der Container so konstruiert, dass man einen riesigen Klettstreifen in Scherrichtung hätte aufreißen müssen um den Innencontainer herauszubekommen. Klett hält in Scherrichtung supergut. Mit gestrecktem Arm hatte ich schon im Stand nur mit Mühe die Kraft dazu. Wenn dann noch in einem Spiralsturz Panik und Zentrifugalkräfte hinzukämen - no way! Ich montierte diese Alibirettung daher ab. Hoffentlich ist der Orginal Apco Seitencontainer da besser konstruiert.
Einmal in der Luft kam für mich die nächste Überraschung: Gewichtssteuerung. Geht supergut. Man kann das Sitzbrett sehr weit verkanten und damit den Schirm wunderbar zum Kurven bringen. Das ging mit meinem Sup'Air Moovy bei weitem nicht so gut. Das bin ich stets mit breitest möglicher Bauchgurteinstellung geflogen. Das Chairbag kann man noch viel weiter einstellen. Insgesamt fühlte sich das Fliegen mit dem Chairbag direkter, offener, agiler, agressiver, holpriger, jeepartig an. Mein Sup'Air Moovy hingegen war da eher gemütlich, behütend, wie eine Limousine.
Einen Fehler hatte ich anfangs gemacht indem ich Kram (Jacke, Proviant, etc) einfach achtlos in den Rückenairbag gestopft hatte. Damit hatte ich das Luftloch zum Befüllen des Rückenairbags verstopft und er füllte sich nicht ordentlich. Aus gutem Grund schreibt Apco in der Bedienungsanleitung man solle Gepäck im mitgelieferten Beutel (fehlte bei mir) verstauen und so im Airbag einhängen, dass das Loch nicht verstopft. Zum Einhängen gab es reichlich Schlaufen. Ich verwendete dann einfach den Kompressionsbeutel meines Gleitschirms als Gepäckbeutel und der Airbag blies sich dann ordentlich auf.
All diese Test erfolgten an einem lächerlichen 40-Meter Übungshügel.
Am nächsten Tag fuhr ich nach Willingen ins Sauerland in der Hoffnung mal länger als eine halbe Minute am Stück zu fliegen. Auf die Rettung verzichtete ich zunächst leichtsinnigerweise. Kinder, nicht nachmachen, ich bin unvernünftig und böse! Folgerichtig wurde ich auch mit ärmlichen kurzen Abgleiterchen bestraft. Die reichten jedoch schon mal aus um ein Problem des Chairbags aufzudecken: Sowohl die Beinschlaufen, als auch der Bauchgurte neigten dazu sich aufzuziehen. Die Schulter- und Rückengurte hingegen hielten bombensicher. Waren die Beinschlaufen zu weit eingestellt, dann wurde das Reinrutschen ins Gurtzeug zum Ententanz. Für mich persönlich wäre das allerdings kein Kaufhindernis, denn auch bei meinem Moovy rutschten die Beingurte manchmal durch die Schnallen. Dagegen nähte ich einfach ein bißchen Klett auf die Gurtbänder und das Problem war Geschichte. Das würde ich beim Chairbag genau so machen.
Nur um mal so das Gefühl wieder zu bekommen warum ich keinen Frontcontainer mag, borgte ich mir für den letzten Flug des Tages mal einen von einem Freund. Den Frontcontainer konnte man wunderbar in zwei Schlaufen direkt bei den Karabinern einhängen. Wenn ich die Bedienungsanleitung richtig verstanden habe, dann sollten diese Schlaufen auch zum Schleppen da sein. Das würde ich jedoch niemals wagen, dazu kommen sie mir weit unterdimensioniert vor. Kaum hatte ich die Rettung dran, schwupps erwischte ich eine nette Phase, konnte mehrere hundert Meter überhöhen und knapp eine Stunde lang fliegen. In dieser Stunde wurde mir zwar fürchterlich kalt, bis die Finger taub waren, aber das Gurtzeug wurde mir nicht unbequem. Allerdings stellte ich hierbei fest, dass mir das Chairbag wohl doch zu groß war. Zwar saß ich mit dem Hintern bequem und sicher drin, aber mit den Knien rutschte ich doch ziemlich auf dem Sitzbrett hin und her. Beim Kurvendrehen verkrampfte ich um dem entgegen zu wirken. Ich probierte auch mal den Beschleuniger aus. Ich hatte nicht den tollen Wonderbar, den Apco anpreist, sondern einen einfachen Beschleuniger mit einem Holm und einer Schlinge. Beim Suchen nach dem Beschleuniger trat ich mit der Hacke erst mal in die Lufteintrittsöffnung des Chairbag statt in die Schlinge. Gut dass ich da nicht mit Kraft durchgetreten hatte! Im Gegensatz zu meinem gewohnten Moovy leiteten die Umlenkrollen des Chairbag die Kraft weniger auf den Rücken als von unten auf den Hintern.
Als Frontcontainerverweigerer würde ich mir auch eine Trinkschlauchdurchführung wünschen um einen Trinkbeutel im Airbag verstauen zu können. Boa hab ich exotische Wünsche!
Ich habe mit dem Chairbag jetzt gut ein Dutzend Starts, in der Summe so etwa ~1 1/2 Stunden Airtime und 6 x 15 Min Fußmarsch absolviert. Mein Fazit dabei:
+ hervorragende Gewichtssteuerung
+ kaum Bewegungseinschränkung -> Starten macht Spaß
+ hervorragender Beckengurt als Rucksack
+ Flugkomfort
+ viel Platz
- mir doch zu groß
- einige Gurte rutschen durch die Schnallen
- Schultergurte rutschen herunter, keine Aufhängung für Brustgurt
- Kompressionsgurte wären wünschenswert
- ein / zwei Reißverschlussfächer mehr für Kleinkram wären wünschenswert
(- der Ersatzseitencontainer, nicht von Apco, ist lebensgefährlicher Schrott)
Nur damit Ihr meinen Erfahrungsbericht einordnen könnt: Ich bin ein Gelegenheitsflieger, der vielleicht 30 bis 40 Stunden Airtime pro Jahr macht. Außer meinem Moovy kenne ich bisher eigentlich kein anderes Gurtzeug.
Phil
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