AW: Fehlerquote
hallo stabilo,
kann dir nur bepflichten, ein richtig guter, tiefgründiger thread
Das "problem" mit dem "nicht erkennen / zu schätzen wissen das man gerade etwas sehr aussergewöhnliches erlebt" liegt aus meiner sicht nicht unbedingt an den flugschulen (eigentlich ja auch "nur" "outdoorerlebnisprovider" im weitesten sinne), sondern eher am unreflektierten konsumdenken / unterschwelligen "ich habs bezahlt jetzt muss es auch funktionieren" erwartungsdruck ihrer kunden dem sie um wirtschaftlich zu überleben in irgendeiner form zwangsweise nachgeben müssen.
vor allem bei den rein urban geprägten menschen gibt es in meiner persönlichen erfahrung viele die mangels naturbelassenem erfahrungsraum in ihrer näheren wohnumgebung schleichend und ohne es selbst so richtig zu realisieren völlig den bezug zu natur und damit zur wahren realität verloren haben.
In der unterbewussten wahrnehmung eines ausschließlich urban geprägten menschen ist die umwelt ja mehr oder wenig komplett kalkulierbar, mich hat das schon in meiner studienzeit (20 jahre her, da habe ich zeitweise als vip ski und snowboardguide am arlberg mit internationalen kunden gearbeitet) fasziniert wie für mich selbst völlig intuitiv- offensichtliche alpine gefahren (zB eine bereits angerissene, durchweichte schneewächte im frühjahr) von den meisten meiner kunden nicht einmal bemerkt wurden - und zwar nicht weil die leute dumm waren, sondern weil ihnen die notwendigen referenz raster komplett fehlten - und wenn ich dann meinen damaligen kunden (und da war wikrlich kein einziger dummkopf dabei) auf deren bitte hin versucht habe mein entscheidungsfindungs- raster zu vermitteln musste ich oft festellen das der auch in einfachen situationen oft so komplex und vielschichtig war das meine entscheidungskriterien wann ein hang sicher oder nicht sicher ist gar nicht einfach vermittelbar waren.
Und das bei einer vergleichsweise sehr "simplen" sache wie off piste skifahren im mehr oder weniger pistennahen kindergartengelände (kindergarten im sinne von einfachheit der abschätzung der gefahren aus der sicht des alpinisten im vergleich zu "echtem" hochgebirge abseits aller touristischen erschließung / absicherung)
Und ganz genauso verhält es sich ja auch beim GS fliegen - nur nochmal viel komplexer.
hat man (noch) kein gefahrenraster aufgebaut fühlt sich GS fliegen für den neuling aus dem urbanen raum vermutlich an wie achterbahnfahren im vergnügungspark - eine gute flugschule / fluglehrer schaut dann natürlich noch drauf das niemand überfordert wird, alle ihren spass haben und voila, schon hast du das selbstsicherheits- circulus vitiosus maleur....
das ganze noch ergänzt um die - vom komplett untrainiert 1x pro jahr in den alpen skifahren gehen der rettungsheli holt mich dann schon wenn ich mir jagatee besoffen den fuss breche - angelernte, ja eigentlich fast schon aufoktroierte vollkasko mentalität, und schon hat man eine psychisch recht spannende mischung die sich jährlich am col rondella eruptiv entlädt (vermutlich auch anderswo, aber dort ist es mir bisher am einprägsamsten aufgefallen wie GS lemminghorden sich einer nach dem anderen in ein saugefärliches lee stürzen - und da waren nicht nur anfänger dabei.
Direkt als deppen "verurteilen" kann man da auch keinen, denn meist sind ja auch jene welche nicht über relevante alpine gefahren detailliert genug bescheid wissen trotzdem nette, schlaue menschen die was lernen wollen, denen aber leider sehr sehr viel (evtl. auch zu viel, im sinne von wenn nicht von jugend an trainiert nicht mehr einholbar ?) erfahrung fehlt.
wenn man einen "schuldigen" sucht dann am ehesten noch im von der tourismuswerbung / tourismusindustrie aufbereiteten "nährboden" in dem die alpen schon seit jahren als supersafer all inclusive action spielplatz erfolgreich vermarktet werden, von respekt ggu. der natur und ihren gefahren habe ich in den letzten 20 jahren in tourismusindustrie werbetexten selten was gelesen.
ABER
Ich selbst - als sehr erfahrener Alpinist und mehr oder weniger erfahrener GS und Speedflyer pilot - bin ja noch um klassen schlimmer, denn ich negiere wider besseres wissen, ja sogar ganz bewusst objektive gefahren bzw. "spiele" sogar mit Ihnen - zB eine extreme steilrinnen abfahrt kann nie sicher sein, dennoch darf man sich dabei (schon aus selbstschutz) keinesfalls unsicher fühlen....
genauso beim fliegen, du musst dir eigentlich notgedrungen immer einreden es ist sicher was du machst, denn wenn du tief drinnen an dir selbst und deinen fähigkeiten und entscheidungen nur einen hauch zu stark zweifelst dann knallts erst recht, und zwar egal ob alpines klettern, eislaufen oder eben GS fliegen
Noch pointierter formuliert: erst durch das negieren objektiver gefahren wird fliegen psychisch gesehen sicher, aber mit diesem zwiespalt muss man als mensch erst mal lernen umzugehen.
Und dieses lernen hört nie auf, da man sich ja permanent weiterentwickelt und damit auch die intensität seines gewollten "is eh sicher" selbstbetrugs laufend anpassen muss.
Und sogar jemand der diese "psychomechanik" selbst, für sich, nicht durchschaut, muss deswegen im endeffekt keinesfalls "unsicherer" unterwegs sein - denn so lange die selbsterfüllende sicherheitsprophezeiungs-projektion irgendwie funktioniert ist da ja keine fehlerquelle und somit schlussendlich alles gut.
LG
Paul
hallo stabilo,
kann dir nur bepflichten, ein richtig guter, tiefgründiger thread
Das "problem" mit dem "nicht erkennen / zu schätzen wissen das man gerade etwas sehr aussergewöhnliches erlebt" liegt aus meiner sicht nicht unbedingt an den flugschulen (eigentlich ja auch "nur" "outdoorerlebnisprovider" im weitesten sinne), sondern eher am unreflektierten konsumdenken / unterschwelligen "ich habs bezahlt jetzt muss es auch funktionieren" erwartungsdruck ihrer kunden dem sie um wirtschaftlich zu überleben in irgendeiner form zwangsweise nachgeben müssen.
vor allem bei den rein urban geprägten menschen gibt es in meiner persönlichen erfahrung viele die mangels naturbelassenem erfahrungsraum in ihrer näheren wohnumgebung schleichend und ohne es selbst so richtig zu realisieren völlig den bezug zu natur und damit zur wahren realität verloren haben.
In der unterbewussten wahrnehmung eines ausschließlich urban geprägten menschen ist die umwelt ja mehr oder wenig komplett kalkulierbar, mich hat das schon in meiner studienzeit (20 jahre her, da habe ich zeitweise als vip ski und snowboardguide am arlberg mit internationalen kunden gearbeitet) fasziniert wie für mich selbst völlig intuitiv- offensichtliche alpine gefahren (zB eine bereits angerissene, durchweichte schneewächte im frühjahr) von den meisten meiner kunden nicht einmal bemerkt wurden - und zwar nicht weil die leute dumm waren, sondern weil ihnen die notwendigen referenz raster komplett fehlten - und wenn ich dann meinen damaligen kunden (und da war wikrlich kein einziger dummkopf dabei) auf deren bitte hin versucht habe mein entscheidungsfindungs- raster zu vermitteln musste ich oft festellen das der auch in einfachen situationen oft so komplex und vielschichtig war das meine entscheidungskriterien wann ein hang sicher oder nicht sicher ist gar nicht einfach vermittelbar waren.
Und das bei einer vergleichsweise sehr "simplen" sache wie off piste skifahren im mehr oder weniger pistennahen kindergartengelände (kindergarten im sinne von einfachheit der abschätzung der gefahren aus der sicht des alpinisten im vergleich zu "echtem" hochgebirge abseits aller touristischen erschließung / absicherung)
Und ganz genauso verhält es sich ja auch beim GS fliegen - nur nochmal viel komplexer.
hat man (noch) kein gefahrenraster aufgebaut fühlt sich GS fliegen für den neuling aus dem urbanen raum vermutlich an wie achterbahnfahren im vergnügungspark - eine gute flugschule / fluglehrer schaut dann natürlich noch drauf das niemand überfordert wird, alle ihren spass haben und voila, schon hast du das selbstsicherheits- circulus vitiosus maleur....
das ganze noch ergänzt um die - vom komplett untrainiert 1x pro jahr in den alpen skifahren gehen der rettungsheli holt mich dann schon wenn ich mir jagatee besoffen den fuss breche - angelernte, ja eigentlich fast schon aufoktroierte vollkasko mentalität, und schon hat man eine psychisch recht spannende mischung die sich jährlich am col rondella eruptiv entlädt (vermutlich auch anderswo, aber dort ist es mir bisher am einprägsamsten aufgefallen wie GS lemminghorden sich einer nach dem anderen in ein saugefärliches lee stürzen - und da waren nicht nur anfänger dabei.
Direkt als deppen "verurteilen" kann man da auch keinen, denn meist sind ja auch jene welche nicht über relevante alpine gefahren detailliert genug bescheid wissen trotzdem nette, schlaue menschen die was lernen wollen, denen aber leider sehr sehr viel (evtl. auch zu viel, im sinne von wenn nicht von jugend an trainiert nicht mehr einholbar ?) erfahrung fehlt.
wenn man einen "schuldigen" sucht dann am ehesten noch im von der tourismuswerbung / tourismusindustrie aufbereiteten "nährboden" in dem die alpen schon seit jahren als supersafer all inclusive action spielplatz erfolgreich vermarktet werden, von respekt ggu. der natur und ihren gefahren habe ich in den letzten 20 jahren in tourismusindustrie werbetexten selten was gelesen.
ABER
Ich selbst - als sehr erfahrener Alpinist und mehr oder weniger erfahrener GS und Speedflyer pilot - bin ja noch um klassen schlimmer, denn ich negiere wider besseres wissen, ja sogar ganz bewusst objektive gefahren bzw. "spiele" sogar mit Ihnen - zB eine extreme steilrinnen abfahrt kann nie sicher sein, dennoch darf man sich dabei (schon aus selbstschutz) keinesfalls unsicher fühlen....
genauso beim fliegen, du musst dir eigentlich notgedrungen immer einreden es ist sicher was du machst, denn wenn du tief drinnen an dir selbst und deinen fähigkeiten und entscheidungen nur einen hauch zu stark zweifelst dann knallts erst recht, und zwar egal ob alpines klettern, eislaufen oder eben GS fliegen
Noch pointierter formuliert: erst durch das negieren objektiver gefahren wird fliegen psychisch gesehen sicher, aber mit diesem zwiespalt muss man als mensch erst mal lernen umzugehen.
Und dieses lernen hört nie auf, da man sich ja permanent weiterentwickelt und damit auch die intensität seines gewollten "is eh sicher" selbstbetrugs laufend anpassen muss.
Und sogar jemand der diese "psychomechanik" selbst, für sich, nicht durchschaut, muss deswegen im endeffekt keinesfalls "unsicherer" unterwegs sein - denn so lange die selbsterfüllende sicherheitsprophezeiungs-projektion irgendwie funktioniert ist da ja keine fehlerquelle und somit schlussendlich alles gut.
LG
Paul
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