Was ist das Problem/die Gefahr in Fiesch?

[teletom007]

gute beschreibung arnold

hallo arnold,
ich fliege öfters im wallis (gleitschirm) und war letze woche auch dort, als der tödliche unfall passierte, übrigens leider nicht der einzige.
Ich kann deiner absolut richtigen und qalifizierten ausführung nur beipflichten und möchte dies hier voll bestätigen.
Der aktuelle wetterbericht vor ort ist auf jeden fall die wichtigste voraussetzung um in fiesch vernünftig und sicher zu fliegen.
Beachtet mann das alles, ist fiesch sicherlich eines der besten streckenfluggebiete.

tom

[speedy 007]

Ich bin zum ersten mal vor 20 Jahren mit dem Drachen in Fiesch gestartet, 1983 mit meinem La Mouette Azur 17, und zuletzt in der letzten Februar-Woche 2003 mit dem Gleitschirm. Im Februar 2003 war ich über tief verschneiter Landschaft in dem Super-Hoch und habe über aperem Gebiet Thermik gefunden, die mich bis auf 3500m NN trug bis ins Lötschental und zum Bietschhorn. Habe ich allerdings in den letzten 25 Jahren Tuchfliegerei auch noch nicht gehabt im Februar......jedenfalls: das Gerücht, dass Fiesch nur im Juli oder August gut sein soll, ist natürlich Unsinn, sondern das Wallis geht zu jeder Jahreszeit. Es ist eines der drei großen Ost-West-Täler der Alpen (neben dem Drautal und dem Pinzgau mit Ennstal) und hat logischerwiese deshalb eine südliche Hangseite, die bei Sonne eigentlich immer Super-Thermik produziert. Aufpassen muss man nur auf zuviel Wind, egal von woher er kommt. Ich fliege niemals bei viel Wind, das ist überflüssig, da kommen sowieso keine großen Strecken bei raus..ich gehe dann lieber Kaffee trinken, auch wenn die Sonne noch so schön scheint... besondere Gefahren gibt es bei Nordwind. Dann kann man zunächst schönes Steigen finden, jedoch wird es auf Kammhöhe äußerst ungemütlich.....1989 bei der Drachen-WM in Fiesch habe ich mich dazu hinreissen lassen, trotz Nordwind hinter den Cracks herzufliegen.....Robby Whitall wurde damals mit dem Drachen auf den Rücken gedreht und ich war ein paarmal kurz davor...so eine Scheiße habe ich seitdem nicht wieder gemacht. Das Wallis hat einen Grundsatz, der auch für jedes andere Gelände gilt: Jeder Zweifel ist ein Nein. Geh lieber Kaffee trinken, wenn mehr als 20 km/h Wind weht. Wenn Du das beherzigst, dann kann Dir auch im hochalpinen Wallis nichts passieren.
Gruß
Speedy

[paragliding]

Ich habe den spiralden Schirm "leider" beim Frühstück gesehen. Der Flugschüler ist morgens bei ruhiger Luft und ohne Thermik gestartet und geflogen, also hätte dieser Unfall überall passieren können und hat nichts mit dem Fluggebiet Fiesch zu tun. Es klingt blöd, aber die Spirale ließ keinerlei Rückschluss auf "Probleme mit dem Schirm" hin. Wir dachten zuerst an einen Acropiloten der sich einfach viel traut.

Leider ist dies nicht der erste Unfall beim Spiralen mit den doch so sicheren 1-er Schirmen. Aber daß diese Schirme die Spirale nicht mehr alleine ausleiten wäre eine Diskussion wert. Sollten diese Schirme nicht maximale Sicherheit garantieren? Abstriche bei Leistung und Geschwindigkeit sollten bei dieser Schirmklasse doch kein Problem sein, wenn man die Schirme dabei sicherer machen kann.

Ich denke es gibt noch keine Möglichkeit, die Reaktionsfähigkeit bzw. das Verhalten von Gleitschirmpiloten in Extremsituationen anderswo als in der Luft zu ermitteln. Eine solche Möglichkeit würde Menschenleben retten.

Bitte sagt nicht pauschal "die Piloten aus diesem Land bauen die Unfälle, unsere sind sehr gut ausgebildet". Dies kann sich sehr schnell ändern und keiner von uns, auch wenn er noch so erfahren, vorsichtig und gut ist, ist vor Unfällen gefeilt. Die Nationalität spielt dabei wohl keine große Rolle.

Die Gefahren im Gleitschirmsport werden wohl allgemein nicht leicht erkannt oder man will sie einfach nicht wahrnehmen. Die letzten Tage in Fiesch waren zwar sehr gut zum Streckenfliegen, aber sicherlich nicht jedermanns Sache. Nordwind, Bise, starke Talwinde usw. Es hätte wohl auch einen der 180-km-FAI-Cracks mit einem Unfall treffen können, mich inklusive. Wäre er deshalb unerfahrener als alle anderen die geflogen sind? Ich denke kaum. Wir glauben mit den Bedingungen zurecht zu kommen und vertrauen auf unser Können. Aber wir können uns irren und dann sieht es eben schlechter aus für uns. Oder wir fliegen nur mehr bei 100%-igen Bedingungen. Und auch da, siehe ganz oben - Steilspirale, kann etwas passieren.

In diesem Sinne, schöne Flüge und gute Landungen

[ekke]

Leider schon passiert!

Es hätte wohl auch einen der 180-km-FAI-Cracks mit einem Unfall treffen können, ....

Leider schon passiert !

http://www.sports-funline.de/vbulletin2/showthread.php?s=&goto=lastpost&threadid=5321

[maserer]

Fiesch

Hallo,

komme gerade aus Fiesch, die Bedingungen der letzten Tage waren m.E. sehr anspruchsvoll. Nordwind von 20kmh - 40kmh (Montag). Vermutlich durch die trockene Luft sehr hohe Basis von bis zu 5200m ! (Variospeicher). Steigwerte z.T. über 10m/s. Sinkwerte bei mir über 8m/s

Möchte zu den guten Beschreibungen noch hinzufügen, dass die Schweizer unglaublich viele Stromleitungen, Telefonleitungen, usw. haben. Teile des Rhonetals, Brig, ... sind extrem verspannt. Da lob ich mir das Pinzgau.

Rückwärts fliegen im Talwind war möglich, leicht auf die Bremse und du flogst im Rhonetal rückwärts. Landegeschwindigkeiten um 3-5km/h.

Gruß
Stefan

[UlrichPrinz]

AW: Was ist das Problem/die Gefahr in Fiesch?

Hi All,

So ein Schlechtwetter-Wochenende hat auch seine Vorteile.
Zumindest fuer die Streckenflug-Interessierten: Nachdem ich hier Eure Tips lesen
durften bin ich dort geflogen und dachte ich geb etwas zurueck in dem ich mal das
wichtigste zusammenfasse: http://ulrichprinz.de/para/ch/fiesch
Dort auch einige Bilder von Unterwegs.




Viel Spass und viel Erfolg wuenscht Euch

Ulli

[Bluesky]

AW: Was ist das Problem/die Gefahr in Fiesch?

Hallo Ulli,

sehr schöne Aufstellung hast du da gemacht! Bin selber seit 1994 regelmäßig nach Fiesch zum Fliegen gegangen, regelmäßig im August, zu jeder Tageszeit rausgestartet, regelmäßig mit gigantischen Flugerlebnissen. Das ist die eine Seite. Die andere sieht so aus:

August 1996. Ich sitze mit meiner Freundin am Startplatz Galvera. Kühboden mag ich lieber im Winter. Es ist kurz nach 14 Uhr, der Himmel hängt voller Schirme in allen Klassen. Jeder der rausstartet, bekommt sofortige Steiggarantie. Fiesch verspricht viel und hält das auch. Meinen Schirm (damals ein UP Katana) habe ich noch nicht ausgepackt, ich weiß nicht warum. Das Steigen der Schirme ist mir heute zu heftig, gestern noch fand ich's klasse, so stark, dass sich der Varioton ein paar mal überschlagen hat. Ich mag dieses Geräusch nicht, es ist so aggressiv, wie ein heranrückender Einsatzwagen mit Blaulicht.
Fünf Meter neben uns startet jetzt einer, ein Nova Phantom. Zieht rückwärts sauber auf, dreht sich elegant aus, Vorlage, abheben. Steigt sofort, wie alle hier. Nichts Besonderes in Fiesch.
Was ist jetzt? Was macht der da? Gib die Bremse frei! Der Phantom trudelt genau einmal, er ist jetzt 30 m weit draußen, vielleicht 20 m hoch. Kommt auf uns zu, dreht wieder parallel zum Hang. Der Schirm berührt den Hang zuerst, dann prallt der Pilot auf die Grasnarbe. Autsch, der hat sich wehgetan! Einige der Umhersitzenden stehen auf, recken die Hälse, setzen sich wieder, als ein, zwei andere mal schauen gehen. Wir hören laute Stimmen.
Ich gehe zur Unfallstelle, es sind ja nur 30 Meter. Ich weiß nicht, warum ich plötzlich zu laufen anfange. Angst packt mich, keine Ahnung wo die herkommt. Ist einfach da.
Zu dritt sitzen wir um den Kollegen. Ratlose Blicke. Einer zieht den Helm ab, vorsichtig. Die Sonne brennt von oben, wir schwitzen nicht vor Aufregung.
Er atmet nicht mehr. Mein Gegenüber streckt den Kopf nach hinten, beatmet ihn künstlich von Mund zu Nase. ich reiße ihm den Overall auf und beginne mit der Herzmassage. Zwei Fäuste, immer wieder drücken, Pause machen. Gut, dass ich das seit der Führerscheinausbildung nicht verlernt habe.
Nach fünfzehn Minuten hören wir auf. Er ist tot. Er war wahrscheinlich sofort tot. Sein Blick ist leer. Wir können es nicht fassen. In diese unerträgliche Stille platzt das Knattern des Heli-Rotors der Air-Zermatt. Jemand muss die gerufen haben, Handys waren damals noch nicht so verbreitet. Warum haben die bloß so lange gebraucht?
Aus dem roten Hubschrauber lässt sich am Stahseil ein Notarzt herab, setzt genau neben uns auf. Der Heli klinkt ihn aus, steigt etwas höher, wartet. Der Arzt zieht eine Decke über sich und den Toten, schaltet eine Lampe ein. Kommt wieder raus, sagt kurz "Genickbruch" und "Gut, dass Ihr's versucht habt!".
Der Heli kommt wieder näher, lässt einen beigen PVC-Sack herab, in den schieben wir gemeinsam den Leichnam, ohne Worte. Reißverschluss zu, Arzt und Sack eingeklinkt, die Winde holt das traurige Gespann nach oben. Sie fliegen weg.
Unten warten seine Frau und sein Sohn, wie der eine halbe Stunde später toplandende Kollege von ihm uns mitteilt. 42 Jahre alt, aus Bad Reichenhall. Wir stehen immer noch da. Der Himmel hängt immer noch voller Schirme.

Ich weiß, dass es so genauso woanders hätte passieren können, nicht nur in Fiesch. Ich bin seitdem nicht mehr in Fiesch geflogen.

[Wolf]

AW: Was ist das Problem/die Gefahr in Fiesch?

Folgendes Erlebnis vor der Toilette Kühboden Bergstation am 31.07.04. Nationalität lassen wir mal beiseite.

Zwei offensichtliche Bekannte Piloten treffen sich beim Anstehen vor der Toilette (beide leere Wassersäcke als Ballast unter dem Arm). Fragt der eine den anderen: „Schon in das Wetter gekuckt?“, antwortet der andere: „Nö, fliegt ja!“ gemeinsames „Hö, hö, hö, hö“ über den scheinbar so guten Witz.

Das ist ein Hauptproblem / Gefahr in Fiesch.

Gruss
Wolf