AW: Umfrage: Soll die Angabe des Realnamens im Forum Pflicht werden?
Nein. Das macht ja auch keinen Sinn. Aber so wie sich "das Forum" nicht auf zwei Leutchen reduzieren lässt, die gerade mal unterschiedlicher Meinung sind, leidet "die Forenkultur" definitiv mehr unter anonymen Schreibern, die ungehemmt posten können, was ihnen gerade durch den Kopf geht, als unter Realnamenschreibern, die ihre Äußerungen zumindest mal dahingehend filtern, dass sie ihnen IRL zugeordnet werden könnten. Um das zu erkennen braucht man niemandem als Einzelperson was unterstellen; es genügt und tut Not, das Umfeld zu benennen, in dem die wirklichen Feiglinge und Provokateure ihre Heimat finden. Oder willst Du etwa deren Existenz abstreiten? Nein? Dann ergibt sich aber automatisch eine gewisse Verantwortung, ein solches Umfeld auszutrocknen...
Sicher ist der Realname kein Garant für einen ordentlichen Stil. Aber sich hinter einem erfundenen zu verstecken, ist auf jeden Fall ein schlechter. Dessen darf sich ja trotzdem ein jeder befleissigen, aber er sollte wenigstens ehrlich zugeben, dass eigene Befindlichkeiten ("will nicht gegoogelt werden") nicht immer identisch mit gutem Benehmen, und anonym verbreitete Statements in jedem Fall nicht besser als nachts an eine Wand gesprayte Slogans sind. Ob die vielleicht künstlerischen Wert haben ist genauso irrelevant wie der potentielle Informationsgehalt eines Nickname-Posts; der Verbreitungsweg alleine disqualifiziert sie bereits.
Auch wenn's noch so Mode ist: Positionen, gar kontroverse, zu besetzen, ohne sich erkennbar zu machen, ist nicht mal ansatzweise aufrichtig oder gar mutig, sondern einfach nur bilig. Mag ja sein, dass sich auch aufrechte Verfechter eigener Meinungen hinter Nicks verstecken, aber sie machen damit genau dasselbe wie irgendwelche provokanten Feiglinge - und sie werten die Existenz des idealen Biotops für diese durch ihre eigene Nutzung desselben auf.
Wenn beispielsweise den Leuten gestattet würde, ihre Autokennzeichen abzumontieren (freilich würden das ganz Viele ganz toll finden und prompt die eloquentesten Begründungen erfinden, warum sowas wünschenswert ist und funktionieren soll ), nur weil ein paar Verfechter dieser Idee behaupten, trotzdem nie zu schnell zu fahren und im Fall eines Unfalls selbstverständlich anzuhalten und ihre Personalien zu hinterlassen - glaubst Du ernsthaft, dass dann der Verkehr besser funktioniert? Dazu muss man ganz schön naiv sein, zeigen doch alle Untersuchungen das gegenteilige Bild: ohne Kontrolle fahren die Leute wie die offenen Hosen.
"Jaa, Verkehr ist doch ganz was anderes, da können ja Menschen zu Schaden kommen" habe ich in dem Zusammenhang auch schon vernommen. Soso, und hier nicht? Natürlich doch, genau deshalb ziehen sich ja "clevere" Leute hinter Pseudo-Identitäten zurück. Und jetzt übertragen wir das nochmal auf die Autokennzeichen: clever wäre es doch offensichtlich auch, das Kennzeichen vom Hummer abzuschrauben, bevor man die Ente in den Graben drängt. Denn die Anonymität schützt vielleicht ein potentielles Opfer, ganz sicher jedoch alle potentiellen Täter. Weshalb wir sie im Straßenverkehr nicht haben; das Modell hat nicht funktioniert.
@wolfgang62, JHG etc.: ich verstehe auch nicht, warum "Privatsphäre" identisch mit verantwortungsfreier Meinungsäußerung sein soll. Mir hat man als Kind beigebracht, dass man schon ein gesprochenes Wort nicht zurück holen kann und deshalb tunlichst vorher darüber nachdenken sollte, was man warum zu wem sagt. Und wenn man was sagen will, zu dem man nicht auch stehen kann, solle man lieber still sein. Gerüchte verbreiten, tratschen, falsch verdächtigen, beleidigen - all das soll man nicht. Und als eingängige Begründung dafür ist mir die Populärform des kategorischen Imperativs geliefert worden: "Was Du nicht willst, das man Dir tu...".
Wenn nun das geschriebene Wort noch viel nachhaltiger als das gesprochene ist, viel mehr Menschen erreicht - sollte man dann nicht alles Erdenkliche dafür tun, mindestens die gleiche Sorgfalt darauf zu verwenden? Wer nur sich selber sieht, wird freilich argumentieren, dass er das schon tut und dass es dazu seines Namens ja nicht bedürfe. Allerdings macht er es sich da sehr leicht, denn der obige Imperativ fällt ja weg: "dass man Dir tu" kann nicht mehr passieren. Und es entspricht leider nicht von vorneherein der Natur des Menschen, edel und gut zu sein, wenn ihn nichts dazu drängt. Also bedeutet die freiwillige, aber unkontrollierbare Selbstverpflichtung, auch hinter einem Pseudonym so zu handeln, als sei man leibhaftig greifbar, leider gar nichts - dient aber trefflich als Vorwand für all die anderen, die solch hehres Tun gar nicht vorhaben.
Immer gerne genommen wird nun auch das Argument, in so einem Forum gäbe es ja so unüberschaubar viel mehr Leute, vor denen es sich zu schützen gelte. Also müsse man sich eben verstecken. Nur hat das rein gar nichts mit Privatsphäre zu tun; die könnte man sich nämlich genauso erhalten, indem man eben nichts postet. Zwingt einen ja keiner, die eigene Meinung tausenden Leuten zugänglich zu machen, so wichtig ist die nicht. Wenn man's aber doch tun zu müssen glaubt, was eine freie Entscheidung ist, dann darf man schon ein Recht der anderen postulieren, zu erfahren, von wem diese Meinung stammt. "Ich will mich frei äußern" und "soll aber keiner rauskriegen, dass ich das war" passt schlicht nicht zusammen ("wasch' mir den Pelz, aber mach ihn nicht nass"), und beides haben zu wollen ist kein hehres Ziel. Nur bequem, weil frei von jeder Verantwortung.
CU
Shoulders (altmodisch, aber stolz darauf)
Zitat von H.M.Murdoch
Beitrag anzeigen
Sicher ist der Realname kein Garant für einen ordentlichen Stil. Aber sich hinter einem erfundenen zu verstecken, ist auf jeden Fall ein schlechter. Dessen darf sich ja trotzdem ein jeder befleissigen, aber er sollte wenigstens ehrlich zugeben, dass eigene Befindlichkeiten ("will nicht gegoogelt werden") nicht immer identisch mit gutem Benehmen, und anonym verbreitete Statements in jedem Fall nicht besser als nachts an eine Wand gesprayte Slogans sind. Ob die vielleicht künstlerischen Wert haben ist genauso irrelevant wie der potentielle Informationsgehalt eines Nickname-Posts; der Verbreitungsweg alleine disqualifiziert sie bereits.
Auch wenn's noch so Mode ist: Positionen, gar kontroverse, zu besetzen, ohne sich erkennbar zu machen, ist nicht mal ansatzweise aufrichtig oder gar mutig, sondern einfach nur bilig. Mag ja sein, dass sich auch aufrechte Verfechter eigener Meinungen hinter Nicks verstecken, aber sie machen damit genau dasselbe wie irgendwelche provokanten Feiglinge - und sie werten die Existenz des idealen Biotops für diese durch ihre eigene Nutzung desselben auf.
Wenn beispielsweise den Leuten gestattet würde, ihre Autokennzeichen abzumontieren (freilich würden das ganz Viele ganz toll finden und prompt die eloquentesten Begründungen erfinden, warum sowas wünschenswert ist und funktionieren soll ), nur weil ein paar Verfechter dieser Idee behaupten, trotzdem nie zu schnell zu fahren und im Fall eines Unfalls selbstverständlich anzuhalten und ihre Personalien zu hinterlassen - glaubst Du ernsthaft, dass dann der Verkehr besser funktioniert? Dazu muss man ganz schön naiv sein, zeigen doch alle Untersuchungen das gegenteilige Bild: ohne Kontrolle fahren die Leute wie die offenen Hosen.
"Jaa, Verkehr ist doch ganz was anderes, da können ja Menschen zu Schaden kommen" habe ich in dem Zusammenhang auch schon vernommen. Soso, und hier nicht? Natürlich doch, genau deshalb ziehen sich ja "clevere" Leute hinter Pseudo-Identitäten zurück. Und jetzt übertragen wir das nochmal auf die Autokennzeichen: clever wäre es doch offensichtlich auch, das Kennzeichen vom Hummer abzuschrauben, bevor man die Ente in den Graben drängt. Denn die Anonymität schützt vielleicht ein potentielles Opfer, ganz sicher jedoch alle potentiellen Täter. Weshalb wir sie im Straßenverkehr nicht haben; das Modell hat nicht funktioniert.
@wolfgang62, JHG etc.: ich verstehe auch nicht, warum "Privatsphäre" identisch mit verantwortungsfreier Meinungsäußerung sein soll. Mir hat man als Kind beigebracht, dass man schon ein gesprochenes Wort nicht zurück holen kann und deshalb tunlichst vorher darüber nachdenken sollte, was man warum zu wem sagt. Und wenn man was sagen will, zu dem man nicht auch stehen kann, solle man lieber still sein. Gerüchte verbreiten, tratschen, falsch verdächtigen, beleidigen - all das soll man nicht. Und als eingängige Begründung dafür ist mir die Populärform des kategorischen Imperativs geliefert worden: "Was Du nicht willst, das man Dir tu...".
Wenn nun das geschriebene Wort noch viel nachhaltiger als das gesprochene ist, viel mehr Menschen erreicht - sollte man dann nicht alles Erdenkliche dafür tun, mindestens die gleiche Sorgfalt darauf zu verwenden? Wer nur sich selber sieht, wird freilich argumentieren, dass er das schon tut und dass es dazu seines Namens ja nicht bedürfe. Allerdings macht er es sich da sehr leicht, denn der obige Imperativ fällt ja weg: "dass man Dir tu" kann nicht mehr passieren. Und es entspricht leider nicht von vorneherein der Natur des Menschen, edel und gut zu sein, wenn ihn nichts dazu drängt. Also bedeutet die freiwillige, aber unkontrollierbare Selbstverpflichtung, auch hinter einem Pseudonym so zu handeln, als sei man leibhaftig greifbar, leider gar nichts - dient aber trefflich als Vorwand für all die anderen, die solch hehres Tun gar nicht vorhaben.
Immer gerne genommen wird nun auch das Argument, in so einem Forum gäbe es ja so unüberschaubar viel mehr Leute, vor denen es sich zu schützen gelte. Also müsse man sich eben verstecken. Nur hat das rein gar nichts mit Privatsphäre zu tun; die könnte man sich nämlich genauso erhalten, indem man eben nichts postet. Zwingt einen ja keiner, die eigene Meinung tausenden Leuten zugänglich zu machen, so wichtig ist die nicht. Wenn man's aber doch tun zu müssen glaubt, was eine freie Entscheidung ist, dann darf man schon ein Recht der anderen postulieren, zu erfahren, von wem diese Meinung stammt. "Ich will mich frei äußern" und "soll aber keiner rauskriegen, dass ich das war" passt schlicht nicht zusammen ("wasch' mir den Pelz, aber mach ihn nicht nass"), und beides haben zu wollen ist kein hehres Ziel. Nur bequem, weil frei von jeder Verantwortung.
CU
Shoulders (altmodisch, aber stolz darauf)
Kommentar