Die schlechte Nachricht zuerst, es gibt weltweit nirgends in der Luftfahrt ein wie auch immer geartetes Vorflugrecht!
Löblich, der DHV schaut offenbar doch ab und an über den eigenen Tellerrand hinaus. Jetzt ist er im vereinten Königreich fündig geworden und möchte die Erkenntnisse und Empfehlungen von Greg Hamerton, die er seiner Zeit als er noch bei Flybubble war vor fast fünf Jahren zum Thema Verkehrsaufkommen beim Hangsoaring mit Gleitschirmen veröffentlicht hat, im neuen DHVmagazin seinen Schäflein näher bringen. Dabei beschränkt man sich weitestgehend auf den mehr oder weniger gelungenen Versuch einer Übersetzung. Lena Cröniger, Mitgliederservice, Schadens- und Unfallbearbeitung, zeichnet dafür verantwortlich. Möglicherweise tue ich dieser Lena auch Unrecht, denn im Untertitel schreibt sich die Übersetzerin Lena Cröninger. Eine Bearbeitung durch Karl Slezak kann ich überdies nicht wirklich erkennen, wenn man vom gänzlich missglückten und vor allen sinnverkehrten Abschnitt über das „Vorflugrecht“ einmal absieht, der im folgenden auch Objekt meiner scharfen Kritik sein soll.
Aus dem englischen Original,
„8. ‘Right of way’ is just a guide
When you’ve got the ridge on your right you have ‘right of way’ but this doesn’t mean you can fly straight into others and cause a midair collision. It is just a way of defining a rule to make the traffic pattern predictable. Your only responsibility is to avoid other pilots.“
wird
„8. „Vorfahrt“ ist nur ein Richtwert
Wenn du den Hang nah zu deiner Rechten hast, hast du „Vorfahrt“, aber das bedeutet nicht, dass du direkt in andere hineinfliegen und einen Zusammenstoß in der Luft verursachen kannst. Dein Flugweg muss für andere vorhersehbar sein, deshalb gilt hier „Kurshalte-Pflicht“. Aber auch jetzt besteht Deine Verantwortung darin, anderen Piloten auszuweichen, falls das erforderlich ist.“
Selbst mit größter Nachsicht kann man dies so nicht durchgehen lassen! Diese Zeilen sind nicht einmal eine sinngemäße Übersetzung noch treffen Sie im Entferntesten die Intention des hoch geschätzten südafrikanischen Autors. Vielleicht hat aber auch nur das Wissen, dass Greg auch als Fantasy-Autor tätig ist, Lena und/oder Karl so überaus „kreativ“ werden lassen.
„Vorfahrt“ ist nur eine Orientierungshilfe
Wenn Sie den Bergkamm zu Ihrer Rechten haben, haben Sie "Vorfahrt", aber das bedeutet natürlich nicht, dass Sie direkt in andere hineinfliegen und eine midair collision verursachen dürfen. Vielmehr ist es nur eine Möglichkeit, eine Regel (im Sinne von Eselsbrücke) zu definieren, um die herrschende Verkehrssituation beurteilbar/vorhersehbar zu machen.
Ihre einzige Verantwortung ist es nämlich, anderen Piloten auszuweichen.
So etwa sollte die sinnerhaltende Übersetzung eher lauten, die es im Gegensatz zur DHV-Version vermeidet, dem Leser wieder einmal zu suggerieren, ja eigentlich zu bestätigen, es gäbe tatsächlich ein verbrieftes Vorflugrecht.
Und dass für den DHV ein solches Vorflugrecht irgendwie doch zu existieren scheint zeigt Simon Winkler, immerhin Ausbildungsvorstand, Berufspilot, Fluglehrer und Mitglied des DHV-Lehrteams sehr eindrucksvoll bei Minute 10:20 in seinem DHV-Lehrvideo „Rücksichtnahme beim Thermikfliegen“
Ganz bestimmt dürfen solche Veröffentlichungen nicht unwidersprochen bleiben, zeugen sie nicht nur von mangelnder Kompetenz sondern erscheinen geradezu fahrlässig, konterkarieren sie doch in aller Deutlichkeit das Gebot des „defensiven“ Luftverkehrs und das allgemeingültige Good-Airmanship-Prinzip von „see and avoid“!
Natürlich könnte man argumentieren, was macht es in letzter Konsequenz denn für einen Unterschied, ob jemand Vorflugrecht hat demzufolge alle anderen ausweichen müssen statt gerade selbst im Augenblick nicht ausweichen zu müssen, weil es ja alle anderen vorrangig zu tun hätten.
Zum Verständnis ein aktuelles Beispiel:
Darf die Ukraine den Krieg nicht verlieren oder muss sie ihn gewinnen?
Auch hier wird die Konsequenz für beide Betrachtungsweisen mehr oder weniger die gleiche sein. Allerdings beinhaltet der Wunsch, sie möge den Krieg doch nicht verlieren, deutlich weniger Aggressivität und Handlungsbereitschaft als es bei die Ukraine muss gewinnen der Fall ist. Es möge einfach geschehen, ohne den Fokus zu sehr auf die Art und den dazu erforderlichen Umfang der eigentlichen militärischen Auseinandersetzung zu lenken. Man könnte also sagen, das „Nicht-Verlieren“ ist eher defensiv fast schon konziliant und das „Muss-Gewinnen“ eindeutig, geradlinig, aggressiv.
Ähnlich verhält es sich mit den internationalen Luftverkehrsregeln. Mit der Erkenntnis, dass schon vom bloßen in Gang setzen eines Luftfahrzeugs und ohne besonderes Zutun des Piloten eine gewisse Gefahr ausgeht und somit eine Gefährdungshaftung unabdingbar ist, war klar, dass der Gesetzgeber im gesamten Regelwerk u.a. das Recht des Einzelnen konsequent durch die Pflichten aller zu ersetzen hatte. Aggressivität und Wettbewerbsgedanken wird so die Basis entzogen.
Insofern ist es dann mehr als logisch, dass in den entsprechenden Regularien nicht vom „right of way“ gesprochen wird, sondern alle einschlägigen Vorschriften sich ausdrücklich mit der Ausweichpflicht befassen. Durchforstet man die deutsche Luftfahrgesetzgebung nach einem Vorflugrecht, wird man nicht fündig werden, ein solches Recht ist definitiv nicht formuliert!
Eine Pflicht etwas für andere zu tun ist eben etwas grundsätzlich anderes als das Recht auf das, was andere für einen selbst tun müssen.
Grundsätzlich soll die Ausweichpflicht natürlich die Aufmerksamkeit und das defensive Verhalten aller und damit die Sicherheit im gesamten Luftverkehr fördern. Wahrscheinlich hat jeder schon einmal im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr den Begriff vom defensiven Fahren gehört. Im weitaus komplexeren Luftverkehr hat defensives Verhalten aller Teilnehmer einen entsprechend höheren Stellenwert, welches sich in jedem Piloten verinnerlichen muss.
Da dies aber ein immer währender Prozess ist, entfalten gerade solche Artikel und Videos so derart negative Auswirkungen, die sicher nicht im Interesse des DHV sein können.
Bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen das besagte Video nun endlich neu vertonen - ich hatte vor Jahren mit Karl schon einmal deswegen telefoniert - und den Artikel schnellsten berichtigen und neu veröffentlichen oder komplett relegieren.
Anmerkung:
Diese Zeilen geben meine persönliche, nicht unbedingt richtige Meinung wieder, die ich gerne mit dem Forum sachlich erörtern kann. Anfeindungen, persönlich Angriffe oder schlicht ausgemachter Schwachsinn dürfen möglichst unterbleiben.
Löblich, der DHV schaut offenbar doch ab und an über den eigenen Tellerrand hinaus. Jetzt ist er im vereinten Königreich fündig geworden und möchte die Erkenntnisse und Empfehlungen von Greg Hamerton, die er seiner Zeit als er noch bei Flybubble war vor fast fünf Jahren zum Thema Verkehrsaufkommen beim Hangsoaring mit Gleitschirmen veröffentlicht hat, im neuen DHVmagazin seinen Schäflein näher bringen. Dabei beschränkt man sich weitestgehend auf den mehr oder weniger gelungenen Versuch einer Übersetzung. Lena Cröniger, Mitgliederservice, Schadens- und Unfallbearbeitung, zeichnet dafür verantwortlich. Möglicherweise tue ich dieser Lena auch Unrecht, denn im Untertitel schreibt sich die Übersetzerin Lena Cröninger. Eine Bearbeitung durch Karl Slezak kann ich überdies nicht wirklich erkennen, wenn man vom gänzlich missglückten und vor allen sinnverkehrten Abschnitt über das „Vorflugrecht“ einmal absieht, der im folgenden auch Objekt meiner scharfen Kritik sein soll.
Aus dem englischen Original,
„8. ‘Right of way’ is just a guide
When you’ve got the ridge on your right you have ‘right of way’ but this doesn’t mean you can fly straight into others and cause a midair collision. It is just a way of defining a rule to make the traffic pattern predictable. Your only responsibility is to avoid other pilots.“
wird
„8. „Vorfahrt“ ist nur ein Richtwert
Wenn du den Hang nah zu deiner Rechten hast, hast du „Vorfahrt“, aber das bedeutet nicht, dass du direkt in andere hineinfliegen und einen Zusammenstoß in der Luft verursachen kannst. Dein Flugweg muss für andere vorhersehbar sein, deshalb gilt hier „Kurshalte-Pflicht“. Aber auch jetzt besteht Deine Verantwortung darin, anderen Piloten auszuweichen, falls das erforderlich ist.“
Selbst mit größter Nachsicht kann man dies so nicht durchgehen lassen! Diese Zeilen sind nicht einmal eine sinngemäße Übersetzung noch treffen Sie im Entferntesten die Intention des hoch geschätzten südafrikanischen Autors. Vielleicht hat aber auch nur das Wissen, dass Greg auch als Fantasy-Autor tätig ist, Lena und/oder Karl so überaus „kreativ“ werden lassen.
„Vorfahrt“ ist nur eine Orientierungshilfe
Wenn Sie den Bergkamm zu Ihrer Rechten haben, haben Sie "Vorfahrt", aber das bedeutet natürlich nicht, dass Sie direkt in andere hineinfliegen und eine midair collision verursachen dürfen. Vielmehr ist es nur eine Möglichkeit, eine Regel (im Sinne von Eselsbrücke) zu definieren, um die herrschende Verkehrssituation beurteilbar/vorhersehbar zu machen.
Ihre einzige Verantwortung ist es nämlich, anderen Piloten auszuweichen.
So etwa sollte die sinnerhaltende Übersetzung eher lauten, die es im Gegensatz zur DHV-Version vermeidet, dem Leser wieder einmal zu suggerieren, ja eigentlich zu bestätigen, es gäbe tatsächlich ein verbrieftes Vorflugrecht.
Und dass für den DHV ein solches Vorflugrecht irgendwie doch zu existieren scheint zeigt Simon Winkler, immerhin Ausbildungsvorstand, Berufspilot, Fluglehrer und Mitglied des DHV-Lehrteams sehr eindrucksvoll bei Minute 10:20 in seinem DHV-Lehrvideo „Rücksichtnahme beim Thermikfliegen“
Ganz bestimmt dürfen solche Veröffentlichungen nicht unwidersprochen bleiben, zeugen sie nicht nur von mangelnder Kompetenz sondern erscheinen geradezu fahrlässig, konterkarieren sie doch in aller Deutlichkeit das Gebot des „defensiven“ Luftverkehrs und das allgemeingültige Good-Airmanship-Prinzip von „see and avoid“!
Natürlich könnte man argumentieren, was macht es in letzter Konsequenz denn für einen Unterschied, ob jemand Vorflugrecht hat demzufolge alle anderen ausweichen müssen statt gerade selbst im Augenblick nicht ausweichen zu müssen, weil es ja alle anderen vorrangig zu tun hätten.
Zum Verständnis ein aktuelles Beispiel:
Darf die Ukraine den Krieg nicht verlieren oder muss sie ihn gewinnen?
Auch hier wird die Konsequenz für beide Betrachtungsweisen mehr oder weniger die gleiche sein. Allerdings beinhaltet der Wunsch, sie möge den Krieg doch nicht verlieren, deutlich weniger Aggressivität und Handlungsbereitschaft als es bei die Ukraine muss gewinnen der Fall ist. Es möge einfach geschehen, ohne den Fokus zu sehr auf die Art und den dazu erforderlichen Umfang der eigentlichen militärischen Auseinandersetzung zu lenken. Man könnte also sagen, das „Nicht-Verlieren“ ist eher defensiv fast schon konziliant und das „Muss-Gewinnen“ eindeutig, geradlinig, aggressiv.
Ähnlich verhält es sich mit den internationalen Luftverkehrsregeln. Mit der Erkenntnis, dass schon vom bloßen in Gang setzen eines Luftfahrzeugs und ohne besonderes Zutun des Piloten eine gewisse Gefahr ausgeht und somit eine Gefährdungshaftung unabdingbar ist, war klar, dass der Gesetzgeber im gesamten Regelwerk u.a. das Recht des Einzelnen konsequent durch die Pflichten aller zu ersetzen hatte. Aggressivität und Wettbewerbsgedanken wird so die Basis entzogen.
Insofern ist es dann mehr als logisch, dass in den entsprechenden Regularien nicht vom „right of way“ gesprochen wird, sondern alle einschlägigen Vorschriften sich ausdrücklich mit der Ausweichpflicht befassen. Durchforstet man die deutsche Luftfahrgesetzgebung nach einem Vorflugrecht, wird man nicht fündig werden, ein solches Recht ist definitiv nicht formuliert!
Eine Pflicht etwas für andere zu tun ist eben etwas grundsätzlich anderes als das Recht auf das, was andere für einen selbst tun müssen.
Grundsätzlich soll die Ausweichpflicht natürlich die Aufmerksamkeit und das defensive Verhalten aller und damit die Sicherheit im gesamten Luftverkehr fördern. Wahrscheinlich hat jeder schon einmal im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr den Begriff vom defensiven Fahren gehört. Im weitaus komplexeren Luftverkehr hat defensives Verhalten aller Teilnehmer einen entsprechend höheren Stellenwert, welches sich in jedem Piloten verinnerlichen muss.
Da dies aber ein immer währender Prozess ist, entfalten gerade solche Artikel und Videos so derart negative Auswirkungen, die sicher nicht im Interesse des DHV sein können.
Bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen das besagte Video nun endlich neu vertonen - ich hatte vor Jahren mit Karl schon einmal deswegen telefoniert - und den Artikel schnellsten berichtigen und neu veröffentlichen oder komplett relegieren.
Anmerkung:
Diese Zeilen geben meine persönliche, nicht unbedingt richtige Meinung wieder, die ich gerne mit dem Forum sachlich erörtern kann. Anfeindungen, persönlich Angriffe oder schlicht ausgemachter Schwachsinn dürfen möglichst unterbleiben.
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