AW: Swing SENSIS EN B
Als Konstrukteur und Testpilot des Sensis möchte ich mich nun auch dazu äußern. Wir haben den Sensis in extrem schwierigen Bedingungen geflogen und alle erdenklichen Situationen provoziert. Dabei ist es uns, wie mit jeden (wirklich jeden!) anderen Schirm egal welcher Klasse und Marke, auch gelungen, sehr dynamische Reaktionen zu provozieren. Denn je nach Knicklinie beim Klapper oder Zugrichtung der A-Gurte beim Frontstall kann man jeden Schirm zum Absturz bringen. Allerdings ist uns und vielen anderen Piloten und Fluglehrern der Sensis besonders dadurch aufgefallen, dass er im realen Flugbetrieb extrem stabil und bei echten Störungen wirklich sehr gutmütig ist. In der Zulassung (DHV!) ist er auf Anhieb durchgekommen. Aufgefallen ist dabei vor allem, daß er sehr schnell und selbstständig aus der Spirale ausleitet und dass selbst die XS-Größe problemlos in die EN-B Klasse fiel. Anzumerken, dass bei der Zulassung vier verschiedene Piloten des DHV den Sensis geflogen und für gut befunden haben. Laut Aussage des DHV entspricht der nachgetestete Sensis sogar noch deutlicher der EN-B Norm als das eingelagerte Muster!
Woher also kommt diese enorme Diskrepanz zwischen Nachtest, Zulassung und Realität?
Es wurde mit Acrogurtzeug getestet:
Mit Acrogurtzeugen ändert sich das Extremflugverhalten maßgeblich. Diese sind so ausgelegt, dass sie möglichst Verwindung zulassen, sozusagen fast schon eine Art Kreuzverspannung. In der Praxis kommt es deshalb bei großen Klappen zu Gegenklappern.
Wasserballast vorne eingehängt:
Um auf die maximale Zuladung zu kommen, wurde teilweise vorne in die Hauptaufhängung eingehängte Wassersäcke verwendet. Während der Manöver schwappt dabei das Wasser hin und her und verfälscht die Ergebnisse. Besonders in der Spirale kommt es dabei zur stabilen Steilspirale, da der Ballast aufgrund der hohen G-Kräfte die Tragegurte unnatürlich belastet.
Sehr dicke Beschleunigerleinen:
Teilweise wurden sehr dicke Beschleunigerleinen verwendet. Diese verhindern oder verzögern ein schnelles Rückstellen des Speedsystemes nach Klappern und Frontstalls, wodurch es sogar bei EN-A-Schirmen zu sehr extremen Verhalten kommt. Der DHV hat paradoxerweise selbst dazu einen Artikel veröffentlicht, ohne das bei seinen Testpiloten zu kontrollieren.
Keine Berücksichtigung der speziellen Schirmeigenschaften:
Folgende Eigenschaften werden bei den Nachtests nicht berücksichtigt:
- Übersetztes Speedsystem (Rolle zwischen A- und B-Gurten). Dadurch bleibt bei der Verwendung dicker Beschleunigerseile der Schirm auch nach dem Freigeben des Beschleunigers beschleunigt.
- Sharknose_Profile: Diese Art von Profilen sind in der Praxis extrem klappstabil. Im Test erreicht man große Klapper nur durch brutales Ziehen und erhält damit sehr gerade Knicklinien, wie sie in der Praxis so gut wie nie vorkommen. Das Problem dabei ist, dass man das Verhalten bei geraden und diagonalen Knicklinien nicht miteinander vergleichen kann: Schirme, die in der Realität nur sehr schwer klappen, sind gegen leicht, aber diagonal klappenden deutlich im Nachteil.
- Brustgurtbreite: Wenn der in die Hauptaufhängung eingehängte Wasserballast die Tragegurte schwerkraft-bedingt annähert, wird die minimale Brustgurtbreite unterschritten. Es gibt zwei wichtige Faktoren für das (verfrühte) Auftreten einer stabilen Steilspirale: die Brustgurtbreite und der Widerstand von Pilot/Gurtzeug.
Keine Transparenz bei den Nachtests:
Wir wollten vom DHV die Videos der nachtest für eine intensive Analyse bekommen. Diese wurden uns vehement verweigert. Wir haben also keinerlei Möglichkeit, die Manöver zu verstehen und die Schirme zu verbessern.
Fazit:
Testen mit »Worst-Case«-Szenario wäre an sich gut. Allerdings nicht, nachdem schon hunderte Schirme ausgeliefert wurden.
Vor allem aber unter Verwendung korrekter Gurtzeuge und unter Berücksichtigung der schirmspezifischen Eigenschaften.
Im Nachhinein angebliche Risiken bei einem Modell aufzudecken, schützt nicht die Piloten, sondern dient lediglich dazu, das Image des DHV aufzubessern und Hersteller samt Verkäufer zu schädigen.
Die korrekte Vorgehensweise wäre, all diese Test schon während der Zulassung zu machen. Somit wären die Piloten wirklich vor »gefährlichen« Schirmen und »bösen« Herstellern geschützt.
Jeder Fluglehrer, Sicherheitstrainer und einigermaßen erfahrene Pilot weiß, dass das Extremflugverhalten hauptsächlich durch das Gurtzeug und vor allem die Gurtzeugeinstellung bestimmt wird.
In zweiter Instanz zählt das Pilotenkönnen und erst dann ist der Schirm wichtig.
Das liegt daran, dass so gut wie kein Pilot gar keine Reaktion auf Störungen macht, sondern immer irgendwie versucht, einzugreifen.
An vierter Stelle kommt das Rettungssystem, bei dessen Auslösung es bis heute noch immer keine standardisierten Innenkontainer und Griffe gibt.
Es gibt somit riesigen Aufholbedarf bei Gurtzeugen, Rettungssystemen und vor allem in der Ausbildung.
Ich bin nach 30 Jahren als Fluglehrer, Testpilot und Sicherheitstrainer 100% überzeugt, dass jeder bei entsprechender Ausbildung jeden EN-B-Schirm auch in extremsten Bedingungen sicher fliegen kann.
Und dass der sicherste EN-A-Schirm nichts hilft, wenn der Pilot falsch reagiert.
Warum nur habe ich das Gefühl, dass diese Nachtests von der meist völlig unzulänglichen Grundausbildung ablenken und die Verantwortung dafür an die Hersteller abschieben sollen?
Als Konstrukteur und Testpilot des Sensis möchte ich mich nun auch dazu äußern. Wir haben den Sensis in extrem schwierigen Bedingungen geflogen und alle erdenklichen Situationen provoziert. Dabei ist es uns, wie mit jeden (wirklich jeden!) anderen Schirm egal welcher Klasse und Marke, auch gelungen, sehr dynamische Reaktionen zu provozieren. Denn je nach Knicklinie beim Klapper oder Zugrichtung der A-Gurte beim Frontstall kann man jeden Schirm zum Absturz bringen. Allerdings ist uns und vielen anderen Piloten und Fluglehrern der Sensis besonders dadurch aufgefallen, dass er im realen Flugbetrieb extrem stabil und bei echten Störungen wirklich sehr gutmütig ist. In der Zulassung (DHV!) ist er auf Anhieb durchgekommen. Aufgefallen ist dabei vor allem, daß er sehr schnell und selbstständig aus der Spirale ausleitet und dass selbst die XS-Größe problemlos in die EN-B Klasse fiel. Anzumerken, dass bei der Zulassung vier verschiedene Piloten des DHV den Sensis geflogen und für gut befunden haben. Laut Aussage des DHV entspricht der nachgetestete Sensis sogar noch deutlicher der EN-B Norm als das eingelagerte Muster!
Woher also kommt diese enorme Diskrepanz zwischen Nachtest, Zulassung und Realität?
Es wurde mit Acrogurtzeug getestet:
Mit Acrogurtzeugen ändert sich das Extremflugverhalten maßgeblich. Diese sind so ausgelegt, dass sie möglichst Verwindung zulassen, sozusagen fast schon eine Art Kreuzverspannung. In der Praxis kommt es deshalb bei großen Klappen zu Gegenklappern.
Wasserballast vorne eingehängt:
Um auf die maximale Zuladung zu kommen, wurde teilweise vorne in die Hauptaufhängung eingehängte Wassersäcke verwendet. Während der Manöver schwappt dabei das Wasser hin und her und verfälscht die Ergebnisse. Besonders in der Spirale kommt es dabei zur stabilen Steilspirale, da der Ballast aufgrund der hohen G-Kräfte die Tragegurte unnatürlich belastet.
Sehr dicke Beschleunigerleinen:
Teilweise wurden sehr dicke Beschleunigerleinen verwendet. Diese verhindern oder verzögern ein schnelles Rückstellen des Speedsystemes nach Klappern und Frontstalls, wodurch es sogar bei EN-A-Schirmen zu sehr extremen Verhalten kommt. Der DHV hat paradoxerweise selbst dazu einen Artikel veröffentlicht, ohne das bei seinen Testpiloten zu kontrollieren.
Keine Berücksichtigung der speziellen Schirmeigenschaften:
Folgende Eigenschaften werden bei den Nachtests nicht berücksichtigt:
- Übersetztes Speedsystem (Rolle zwischen A- und B-Gurten). Dadurch bleibt bei der Verwendung dicker Beschleunigerseile der Schirm auch nach dem Freigeben des Beschleunigers beschleunigt.
- Sharknose_Profile: Diese Art von Profilen sind in der Praxis extrem klappstabil. Im Test erreicht man große Klapper nur durch brutales Ziehen und erhält damit sehr gerade Knicklinien, wie sie in der Praxis so gut wie nie vorkommen. Das Problem dabei ist, dass man das Verhalten bei geraden und diagonalen Knicklinien nicht miteinander vergleichen kann: Schirme, die in der Realität nur sehr schwer klappen, sind gegen leicht, aber diagonal klappenden deutlich im Nachteil.
- Brustgurtbreite: Wenn der in die Hauptaufhängung eingehängte Wasserballast die Tragegurte schwerkraft-bedingt annähert, wird die minimale Brustgurtbreite unterschritten. Es gibt zwei wichtige Faktoren für das (verfrühte) Auftreten einer stabilen Steilspirale: die Brustgurtbreite und der Widerstand von Pilot/Gurtzeug.
Keine Transparenz bei den Nachtests:
Wir wollten vom DHV die Videos der nachtest für eine intensive Analyse bekommen. Diese wurden uns vehement verweigert. Wir haben also keinerlei Möglichkeit, die Manöver zu verstehen und die Schirme zu verbessern.
Fazit:
Testen mit »Worst-Case«-Szenario wäre an sich gut. Allerdings nicht, nachdem schon hunderte Schirme ausgeliefert wurden.
Vor allem aber unter Verwendung korrekter Gurtzeuge und unter Berücksichtigung der schirmspezifischen Eigenschaften.
Im Nachhinein angebliche Risiken bei einem Modell aufzudecken, schützt nicht die Piloten, sondern dient lediglich dazu, das Image des DHV aufzubessern und Hersteller samt Verkäufer zu schädigen.
Die korrekte Vorgehensweise wäre, all diese Test schon während der Zulassung zu machen. Somit wären die Piloten wirklich vor »gefährlichen« Schirmen und »bösen« Herstellern geschützt.
Jeder Fluglehrer, Sicherheitstrainer und einigermaßen erfahrene Pilot weiß, dass das Extremflugverhalten hauptsächlich durch das Gurtzeug und vor allem die Gurtzeugeinstellung bestimmt wird.
In zweiter Instanz zählt das Pilotenkönnen und erst dann ist der Schirm wichtig.
Das liegt daran, dass so gut wie kein Pilot gar keine Reaktion auf Störungen macht, sondern immer irgendwie versucht, einzugreifen.
An vierter Stelle kommt das Rettungssystem, bei dessen Auslösung es bis heute noch immer keine standardisierten Innenkontainer und Griffe gibt.
Es gibt somit riesigen Aufholbedarf bei Gurtzeugen, Rettungssystemen und vor allem in der Ausbildung.
Ich bin nach 30 Jahren als Fluglehrer, Testpilot und Sicherheitstrainer 100% überzeugt, dass jeder bei entsprechender Ausbildung jeden EN-B-Schirm auch in extremsten Bedingungen sicher fliegen kann.
Und dass der sicherste EN-A-Schirm nichts hilft, wenn der Pilot falsch reagiert.
Warum nur habe ich das Gefühl, dass diese Nachtests von der meist völlig unzulänglichen Grundausbildung ablenken und die Verantwortung dafür an die Hersteller abschieben sollen?
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